Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Langsamer träumen! denke ich und sehe /
mich nach Deckung um
Ich schrieb ein Gedicht und musste gerade niesen, als /
Vater an der Tür klingelte. Ich erschrak /
dermaßen, dass die Mine brach, und statt zu niesen /
hustete ich. Der Unterschied zwischen Gut und Böse /
ist offensichtlich.
Ilse Aichinger
Über dieses Buch:
In einer Erinnerung beschreibt Aichinger den dunkelblauen Matrosenmantel ihrer Schuluniform von Ende der 1930er Jahre: »Unverständlich war (…), daß mir das Verschwinden in dem schweren schönen Mantel leichter möglich schien. Ihm und seinen sechs glänzenden Knöpfen verdanke ich sicher auch die frühe Neigung zur Seefahrt, zum Atlantik und anderen nördlichen Meeren.« Wie ein roter Faden zieht sich die Hochsee durch Ilse Aichingers Werk, stellt Spielraum der Sprache und imaginierte Reisefreiheit in erschütternde Nähe zur drohenden Vernichtung durch die Nationalsozialisten. Begleitend zu einer Ausstellung im Literarischen Colloquium Berlin haben die Kuratorinnen Fundstücke aus dem Nachlass versammelt und 10 Dichter*innen gebeten, mit diesen Gegenständen Zwiesprache zu halten: mit Manuskripten und Typoskripten, mit Zetteln, die durch die Schrift vor dem Verschwinden gerettet wurden, aber auch Objekten wie Schallplatte, Kinokarte und einem Geduldsspiel, das auf der Überfahrt nach Amerika erworben wurde. Mit Beiträgen von Marcel Beyer, Marica Bodrožić, Yevgeniy Breyger, Christian Hawkey, Esther Kinsky, Dagmara Kraus, Don Mee Choi, Ilma Rakusa, Yōko Tawada, Peter Waterhouse. Ergänzt wird der Band durch Zwiesprachen aus dem Nachlass von Ilse Aichinger. »Die Sprache muß immer in Meeresnähe sein« Ilse Aichinger
Die Herausgeberinnen:
Uljana Wolf
Uljana Wolf, geboren 1979, lebt in New York und Berlin. Sie unterrichtet Übersetzerseminare u.a. am Pratt Institute in Brooklyn und dem Institut für Sprachkunst Berlin. Zu ihren letzten Veröffentlichungen gehören der Gedichtband "meine schönste lengevitch" (2013) sowie Übersetzungen von Yoko Ono, Eugene Ostashevsky, Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki.
Marie Luise Knott
Marie Luise Knott lebt als freie Autorin, Kuratorin und Übersetzerin in Berlin. Zuletzt erschien in ihrer Übersetzung "Irdischer Durst"von Anne Carson
Zwiesprachen
Die deutschsprachige Gegenwartslyrik empfängt wichtige Impulse aus einer lebendigen Auseinandersetzung mit den Dichtern der internationalen Tradition. In dieser Reihe schreiben Dichter über Dichter, die für ihr eigenes Schaffen bedeutsam sind.Die „Zwiesprachen“ werden herausgegeben von Holger Pils und Ursula Haeusgen und erscheinen im Verlag „Das Wunderhorn“.