Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Langsamer träumen! denke ich und sehe /
mich nach Deckung um
Ich schrieb ein Gedicht und musste gerade niesen, als /
Vater an der Tür klingelte. Ich erschrak /
dermaßen, dass die Mine brach, und statt zu niesen /
hustete ich. Der Unterschied zwischen Gut und Böse /
ist offensichtlich.
Dagmara Kraus
Über dieses Buch
Nirgends wirkt Sprachkunst exotischer, zugleich anregender auf mich als im Werk von Miron Białoszewski. Der ausgewiesene Sonderling der polnischen Nachkriegsliteratur und Guru einer ganzen Generation linguistisch orientierter Dichter:innen betritt die schmale Buchstabenbühne gern in Gestalt vielfältiger Verwandlungen. Dabei verwortspielt er nicht selten die eigene namentliche Existenz. Mal stellt er sich als verkappter Märtyrer der Poesie dar, um als monosyllabisches Phantom seiner selbst und bis zur Wortsinnlosigkeit zerkasteiter »yeń« sogleich wieder abzutreten, ein andermal entlarvt er sich – im Rausch adjektivisch besuffixt – als »Białoszewskiger«, dem die Kontrolle über sich und schier alle Ähnlichkeit mit ihm selbst zu entgleiten droht. Gleichwohl kommt dem ins Weichseljenseits verzogenen »Korridorianer« (»korytarzowiec«) niemals die Sprache abhanden, dies umtriebige Wundertier und seherische »Ausflugswesen« (»stworzenie wylotu«), das er aussendet, die »schienene Endlosigkeit « (»niekończyn szyn«) von Versen zu erkunden. (Dagmara Kraus)
Autorin
Dagmara Kraus, geboren 1981 in Wrocław, Polen, lebt heute als Autorin und Übersetzerin in Hildesheim, wo sie derzeit die Juniorprofessur für literarische Prozesse der Gegenwart innehat. Zuletzt erschienen von ihr liedvoll, deutschyzno (kookbooks 2020) und ihre Übersetzung von Gedichten Białoszewskis in dem Band M’ironien (roughbooks 2021). Für ihr Werk wurde Dagmara Kraus vielfach ausgezeichnet, etwa 2021 mit der Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung und dem Lyrikpreis Meran.
Zwiesprachen
Die deutschsprachige Gegenwartslyrik empfängt wichtige Impulse aus einer lebendigen Auseinandersetzung mit den Dichtern der internationalen Tradition. In dieser Reihe schreiben Dichter über Dichter, die für ihr eigenes Schaffen bedeutsam sind.Die „Zwiesprachen“ werden herausgegeben von Holger Pils und Ursula Haeusgen und erscheinen im Verlag „Das Wunderhorn“.