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„Bruchstücke vom Berg“

André du Bouchet, geboren 1924 in Paris, verbrachte seine Jugend in den Vereinigten Staaten, die seine Eltern zu Beginn des Zweiten Weltkrieges als Exil wählten. Er studierte am Amherst College und in Harvard. Ende der 40er Jahre kehrte er nach Frankreich zurück. Sein erster Gedicht-Sammelband Air erschien 1951, ihm folgten zahlreiche weitere Bände, darunter Dans la chaleur vacante – Vakante Glut, den Paul Celan ins Deutsche übertrug. Parallel zu seiner eigenen dichterischen Arbeit übersetzte du Bouchet Autoren wie Hölderlin, Joyce, Faulkner, Mandelstam und Celan. 1967 gründete er zusammen mit u.a. Yves Bonnefoy, Jacques Dupin und Paul Celan – mit dem ihn eine enge künstlerische und persönliche Freundschaft verband - die Literaturzeitschrift l’Éphémère. Seine lebenslange Beschäftigung mit der Kunst schlug sich u.a. nieder in seinem Essay über Alberto Giacometti. – André du Bouchet starb im April 2001 in Truinas, Provence.

 

André du Bouchet ist kein französischer Dichter und vielleicht ist er auch überhaupt kein Dichter mehr im hergebrachten Wortsinn. Der französische Name verbirgt eine hugenottisch-amerikanische Abstammung väterlicherseits, während mütterlicherseits das russisch-jüdische Osteuropa prägend war... Sein Werk steht entsprechend im Zeichen des Intervalls, des Zwischenraums, der die Worte und Wortgruppen im Text trennt, doch auch der Intervalle, die das Ich von der Welt und von den Anderen, von scheinbar vorgegebenen Gewißheiten trennen. Nur weil diese Trennungen ausgetragen werden, kann es Verbindungen geben, ist Dichtung Unterscheidungskunst und Zugang....    (M.Jakob)

 

Sander Ort, geb. 1942 in Düsseldorf, lebt seit über 30 Jahren in Frankreich. Er ist Maler und Dichter und ein langjähriger Freund du Bouchets – mit ihm zusammen hat er die im Band vorliegende Auswahl getroffen und dann ins Deutsche übertragen.

 

Michael Jakob, geb. 1959, ist Professor für Allgem. u. Vergl. Literaturwissenschaft in Grenoble und Lehrbeauftragter für Theorie u. Geschichte der Landschaft in Genf. Veröffentlichungen u.a. über Paul Celan und André du Bouchet, mit dem er befreundet war, zuletzt bei Hanser (2000) Schwanengefahr. Aufstieg und Fall des lyrischen Subjekts im Zeichen des Schwans.

JE NE VOIS PRESQUE RIEN
 
Le papier que je coupe
est moite
la montagne est presque cachée par son surplis blanc
 
les mots se calment
et retrouvent
leur assiette
 
l'air plus chaud que la peau
 
je sors enfin
 
ce n'est pas moi qui taille ces rues
 
tout existe si fort
et loin,
que je peux lâcher ma main
 
dehors
 
je ne vois presque rien.
 
 
André du Bouchet
      ICH SEHE FAST NICHTS
 
Das Papier das ich schneide,
ist klamm.
Der Berg vom weißen Umhang fast verdeckt
 
Die Worte werden leiser
Finden ihre Fassung wieder
 
 
Luft wärmer als die Haut
 
Schließlich gehe ich hinaus
 
Nicht von mir ausgehauen, diese Straßen.
 
Alles ist da
Mit solcher Kraft; in solcher Ferne,
daß ich meine Hand lösen kann
 
draußen
 
Ich sehe fast nichts.
 
 
Aus dem Französischen von Sander Ort

„Bruchstücke vom Berg“

André du Bouchet

1924 – 2001

 

I.

19 Uhr: Dokumentarfilm von Michael Jakob:

André du Bouchet
 
II.

20 Uhr: Lesung mit dem Übersetzer

Sander Ort, Paris,

Vorstellung einer ersten Werkauswahl
in dtsch. Sprache:

„Bruchstücke vom Berg, für die Landstraße verwendet“

(Lyrik Kabinett, 2001).

 

Einführung:

Michael Jakob, Grenoble

 

Donnerstag­, den 13.12.2001
20:00 Uhr

Bayerische Staatsbibliothek,
Ludwigstr.16, 1.Stock

(U 3 / U 6 Universität)

 

In Zusammenarbeit mit der
Bayerischen Staatsbibliothek

Eintritt: DM 10,- / DM 7,-
Mitglieder Lyrik Kabinett sowie
Freunde u. Förderer
der Bayerischen Staatsbibliothek: freier Eintritt