Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
José Kozer, geb. 1940 in Havanna, ist einer der interessantesten zeitgenössischen Dichter Lateinamerikas. Er ist der Sohn polnisch-tschechischer jüdischer Emigranten, die in den frühen 30er Jahren nach Kuba und 1960 in die USA auswanderten. Von 1965-95 lehrte José Kozer spanischsprachige Literatur am Queens College in New York, ließ sich dann für einige Jahre in Spanien nieder und lebt heute in Florida.
Kozers umfangreiches poetisches Werk wird vor allem von zwei Themen beherrscht: seiner Familiengeschichte sowie dem Verlust der Heimat Kuba, die er schreibend wiederauferstehen läßt. Der Leser erhält dabei Einblicke in eine Welt voll von Erinnerungen, Traditionen, historischer Ereigisse und kultureller Vielfalt: aus dem Blickwinkel eines Kubaners in erster und letzter Generation, in dessen Werk die Erfahrung mehrerer Exile einfließt. So wird die Sprache zu Kozers eigentlicher Heimat und das Schreiben lebensnotwendig und einleuchtend wie das Atmen selbst. Kozer entwickelt einen ganz individuellen Stil, der keiner literarischen Strömung oder bestimmten Vorbildern zuzuordnen ist. Er schafft sich eine eigene Bildwelt, die sich bewußt gegen einen metaphorisch-lyrischen Stil wendet und sich ihre eigene Terminologie sucht. Garcia Márquez und Alvaro Mutis haben sich für ihn eigesetzt, und Jesús Díaz hält ihn für den momentan wichtigsten Dichter Lateinamerikas. Kozers Gedichte sind filigrane, musikalische Kunstwerke, die es in Deutschland noch zu entdecken gilt.
Susanne Lange, geb. 1964 in Berlin, Studium der Komparatistik in Paris u. München, Promotion über den lateinamerikan. Roman, seit 1992 literar. Übersetzerin u. Gutachterin für spanischsprachige Literatur. - 2000 Förderpreis für Literatur des Bayer.Kultusministeriums für das bisherige übersetzerische Werk, vor allem für die Übertragung kubanischer Autoren.
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Ab Initio Frente a la sombra, un hueso. Se desmorona, cales o harinas, una blanca anémona. La abeja liba, del polen (ikebana) una docena [ de rosas blancas en el jarrón de porcelana. Lianas y una brazada de ramilletes, lirios del valle. Su sombra, en las paredes: el sol a su paso reconfigura [ los rastros de la sombra: jaspes del azafrán del glauco del gris del siena reconfiguran a su blancura la sombra, su brillo más oscuro, adentro: una chispa, y frente a la sombra, un hueso; y en el hueso un muslo, dos concavidades nuevas, pezón vientre cadera, gota primera de la sombra a los huesos a los genitales. José Kozer |
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Ab Initio Dem Schatten gegenüber, ein Knochen. Zerbröckelnd, Kalkstein oder Weizenmehl, ein weißes [ Windröschen. Die Biene saugt, am Blütenstaub (Ikebana) ein Dutzend [ weiße Rosen in der Porzellanvase. Lianen und ein Bündel Sträuße, Maiglöckchen. Ihr Schatten, an der Wand: die Sonne verwandelt in [ ihrem Gang die Spuren des Schattens: Jaspis aus Safran aus Meergrün aus Grau aus Siena verwandelt den Schatten seinem Weiß an, seinem dunkelsten Glanz, darin: ein Funke, und dem Schatten gegenüber, ein Knochen; und am Knochen ein Schenkel, zwei neue Höhlungen, Brustwarze Bauch Hüfte, erster Tropfen vom Schatten auf Knochen auf Genitalien. Aus dem Spanischen von Susanne Lange |
"Ab Initio"
José Kozer
Iiest aus seinen Gedichten.
(span./dtsch.)
Einführung:
Susanne Lange
Lyrik-Bibliothek, Schellingstr. 3 / Rgb.
(U 3 / U 6 Universität)
In Zusammenarbeit mit der Villa Waldberta
Im Anschluß an die Lesung laden wir ein zu einem Glas Wein.
Eintritt: € 5,50 / € 3,50
Mitglieder Lyrik Kabinett: freier Eintritt