Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Unbeirrbar – sich jeder Einordnung in ‚Schubladen‘ widersetzend – verfolgt Milo de Angelis (geb. 1951 in Mailand) seit Jahrzehnten seine „Poesie der Grenzerfahrung“: Sie ist geprägt von einem zugleich umgangssprachlichen und elegischen Ton und komplex-rätselhafter Bildlichkeit. De Angelis hat Vergil, Properz, Racine, Baudelaire u.a. ins Italienische übersetzt. 1976-80 war er Mitbegründer und Herausgeber der Zeitschrift Il Niebo der sog. Neo-Orphischen Bewegung, die sich einer Sakralisierung des poetischen Worts verschrieb. Doch ist er selbst dieser Strömung nur bedingt zuzurechnen: „Milo De Angelis ist in zweifacher Hinsicht ein Dichter der Peripherie: Nicht nur, weil er das bescheidene Leben der Vorstädte Mailands besingt […], sondern auch, weil er die abgründigen Randzonen der menschlichen Existenz erkundet“, so Piero Salabè, Lektor beim Carl Hanser Verlag und Übersetzer, u.a. von P. Cavalli, M. de Angelis. Alphabet des Augenblicks (Ed. Lyrik Kabinett bei Hanser 2013) ist der erste Band mit Übertragungen von De Angelis ins Deutsche.
Was ich sehe, gab mir
ein Atemzug, Bruder und Feind,
bis zu jenem bangen Theater,
wo wir das Wort genommen haben,
zwischen der Heiterkeit des Mohns
und dem himmlischen Ruin. Es war
ein Satz, der in die dunkelste
Wunde dringt, sie sich einverleibt,
sie verheilt, vertieft, vermählt,
das war der Talisman
des Nichts, wenn es aufflammt
im großen Dorf von Mailand
und Millionen Gespenster erwärmt.
Milo de Angelis,
aus: Alphabet des Augenblicks.
Aus dem Italienischen von Piero Salabè
(Edition Lyrik Kabinett bei Hanser 2013), S. 127.
Alphabet des Augenblicks
Milo de Angelis
stellt seine Gedichte vor
(italienisch / deutsch)
Übersetzungen und Moderation:
Piero Salabè
Amalienstrasse 83 / Rückgebäude
(U3/U6 Haltestelle Universität)
Mit freundlicher Unterstützung
des Istituto Italiano di Cultura
Eintritt: €7,00 / €5,00
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei