Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
W. H. Auden (York 1907-Wien 1973), „ranghöchster“ englischer Dichter zwischen T.S. Eliot und Ted Hughes und ewiges Wunderkind der englischen Lyrik, hat zeitlebens den Goetheschen Imperativ „Stirb und werde!“ auf besondere Art für sein Dichten fruchtbar gemacht: Im prekären Grenzgang zwischen einem unbedingten, ja egoistischen Individualismus (der sich nicht zuletzt in seiner unbändigen verbalen Spielfreude zeigt) und den politischen Katastrophen der Epoche mit ihrem Appell zum gesellschaftlichen Engagement. Die Spanne vom sozialistischen Auden der 30er Jahre zum christlichen Existentialisten, vom Oxforder Neutöner zum Horaz’schen Alterslyriker, markiert einen der exemplarischen Lebensläufe englischer Dichtungsgeschichte, der sich im übrigen durch eine ungewöhnliche Vertrautheit mit deutscher Kultur auszeichnet. Die Lesung will, v. a. anhand der von Hanno Helbling 2002 edierten Auswahlübertragung, etwas von der Vielgestaltigkeit Audens und seiner deutschen Rezeption vorführen.
Werner von Koppenfels ist Professor für Anglistik und Komparatistik an der Universität München, hat Prosa von Thomas Nashe, Robert Burton, Sir Thomas Browne, Arthur Rimbaud und Aldous Huxley ins Deutsche übertragen sowie Lyrik von John Donne und Emily Dickinson und eine anthologistische Auswahl englischer und französischer Dichtung. Demnächst erscheint eine umfangreiche Auswahl aus der Lyrik Quevedos.
George Low studierte Sprachen in Oxford und ist seit 30 Jahren Lektor an der Uni München (Leiter der English Drama Group) sowie freiberuflich tätig als Lehrer, Übersetzer, Schauspieler und Rundfunkredakteur.
Invocation to Ariel
(The Sea and the Mirror I)
Sing, Ariel, sing,
Sweetley, dangerously
Out of the sour
And shiftless water,
Lucidly out
Of the dozing tree,
Entrancing, rebuking
The raging heart
With a smoother song
Than this rough world,
Unfeeling god.
O brilliantly, lightly,
Of separation,
Of bodies and death,
Unanxious one, sing
To man, meaning me,
As now, meaning always,
In love or out,
Whatever that mean,
Trembling he takes
The silent passage
Into discomfort.
W.H.Auden
Anrufung Ariels
(Das Meer und der Spiegel I)
Sing, Ariel, sing
süß, gefährlich
aus dem sauren,
kraftlosen Wasser
hell
aus dem dösenden Baum;
ergreif und schilt
das heftige Herz
durch ein sanfteres Lied
als die rauhe Welt,
die Gott nicht fühlt.
O strahlend und leicht
sing von der Trennung,
von Körpern und Tod,
du Sorgloser, sing
für den Menschen, heißt mich,
der jetzt, heißt immer,
verliebt oder nicht,
was immer das heißt,
zitternd den stillen
Weg ins Beklemmende
geht.
Deutsch von Ernst Jandl
„Anhalten alle Uhren“
W. H. Auden
1907 New York – 1973 Wien
Vorgestellt von:
Werner von Koppenfels
Die englischen Originale liest: George Low
Lyrik-Bibliothek, Schellingstr. 3 / Rg.
(U 3 / U 6 Universität)
Nach der Lesung laden wir ein zu einem Glas Wein.
Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferats/Literatur
Eintritt: €5,50 / €3,50
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei