Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Paul Verlaine (1844-1886) ist unter den französischen Lyrikern der Frühmoderne der große Klangzauberer und Melodiker. Mit der kunstreichen Reimform konnte er Ängste bannen und den Widersprüchen der zerfallenden Welt Ausdruck geben, ohne von ihnen zerrissen zu werden. Er aktiviert damit die magische Wurzel der Poesie: die beschwörende und verwandelnde Kraft der Klanggebärde macht es möglich, daß Ich und Welt im dichterischen Wort noch einmal zusammenfinden. Die Klanggestalt ist also wesentlicher Teil der Aussage seiner Lyrik. Dem wollen die neuen Übertragungen von Hans Krieger gerecht werden, die soeben, mit Zeichnungen von Christine Rieck-Sonntag, im Oreos-Verlag erschienen sind. Es geht ihm um den betörenden Sound Verlaines, die obertonreiche Harmonik, den vibrierenden Rhythmus.
Hans Krieger, geb. 1933 in Frankfurt am Main, lebt als Lyriker und Publizist in München. Bisher hat er fünf Gedichtbände veröffentlicht: Gottverdauen – ein Stimmengewirr (1993); Im Schattenschwarz deines Haars – Tag und Nacht der Liebe (1995); Blinzelblicke – Ein Frühjahr in Manhattan (2002); Liedschattig (2004); Frei wie die Zäune – Eine Saison in Virginia (2005). Für seine publizistische Arbeit wurde er 1997 mit dem Friedrich-Märker-Preis für Essayisten ausgezeichnet. Eine Sammlung von Essays erschien 2003 unter dem Titel Wortschritte – Über Kunst und Politik, über Gott und die Welt.
Christine Rieck-Sonntag, geb. 1941 in Zwickau, lebt als freischaffende Malerin in Landshut. Die unerschöpfliche Expressivität des Menschenleibes ist ihre Grunderfahrung und ihr zentrales Thema. Zu allen Gedichtbänden Hans Kriegers hat sie Bilderzyklen gemalt oder gezeichnet.
Herbstlied
Ein Celloklang
so hell und bang:
Oktober schon.
Das Herz wird mürbe,
als ob es stürbe
von tonlosem Ton.
Der Atem schwer,
die Wangen leer
beim Stundenschlage.
Ich weine leis:
so fern, ich weiß,
die alten Tage.
Und ich entschwind’
im schlimmen Wind
wie Torkelstaub,
er jagt mich fort
von da nach dort
wie totes Laub.
Paul Verlaine, „Chanson d’autonne“, übertragen von Hans Krieger
De la musique avant toute chose –
Musik, Musik vor allen Dingen
Der „Sound“ Paul Verlaines
Hans Krieger
liest aus seinen Übertragungen.
Die französischen Gedichttexte liest
Françoise Höcherl
Christine Rieck-Sonntag
zeigt Bilder zur Lyrik Verlaines.
Amalienstrasse 83 / Rückgebäude
(U3/U6 Haltestelle Universität)
Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferats
Eintritt: €5,50 / €3,50
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei