Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Dantes Divina Commedia, in Italien schon sehr frühzeitig als ein Gipfel der Dichtung anerkannt, wird vom übrigen Europa erst überraschend spät wahrge-
nommen: in der Nachfolge von Miltons Paradise Lost beginnt man, es in die einzelnen Nationalsprachen zu übersetzen. Entscheidend ist die Rezeption durch die Romantik. Mit August Wilhelm Schlegel einsetzend, reicht die Tradition dann weiter zu Stefan George, Rudolf Borchardt, Karl Voßler und Herman Gmelin: in Prosa, in reimlosen Jamben, in strenggebauten Terzinen.
„Wir besitzen über dreißig Verdeutschungsversuche der Divina Commedia, darunter ziemlich hochwertige – aber einen deutschen Dante, wie Luther uns eine deutsche Bibel geschenkt hat, Schlegel und Tieck einen deutschen Shakespeare, werden wir, glaube ich, sobald nicht bekommen.“ (Karl Voßler). – Neben den Übersetzern sollen die Ausleger zu Wort kommen, von Friedrich Wilhelm Schelling bis Erich Auerbach und Hugo Friedrich.
Friedhelm Kemp, geb. 1914 in Köln, langjähriger Verlagslektor und Leiter der literarischen Abteilung des Bayerischen Rundfunks, lebt als Übersetzer, Herausgeber, Essayist sowie Honorarprofessor für Komparatistik in München. - 1996: Officier de l’Ordre des Arts et des Lettres; 1998: Joseph-Breitbach-Preis.
Kemp hat sich in vielfacher Weise publizierend und in Vorträgen (u. a. an der Bayerischen Akademie der Schönen Künste) mit Dantes Commedia beschäftigt. Zuletzt erschien: Niederfahrt und Aufflug. Dreimal Dante (2001). Das Buch vereint den Bericht über die heilsam rettende Erschütterung, welche die Lektüre der Commedia in dem von keinerlei höherer Bildung beeinflußten, blutjungen Fabrikarbeiter August Springer im Moment einer schwersten Seelenkrise auslöst, mit der späten Bilanz F. Kemps aus seiner jahrzehntelangen Vertiefung in Dantes Werk. Anhand von 18 ‚Umrissen‘ aus dem 19. Jahrhundert erläutert Kemp die wichtigsten Stationen der Commedia.
| Nel mezzo del cammin di nostra vita Mi ritrovai per una selva oscura Che la diritta via era smarrita. Ahi quanto a dir, qual era, è cosa dura Questa selva, selvaggia, ed aspra, e forte Che nel pensier rinova la paura! Tanto è amara, che poco è più morte., Dante Alighieri, La Divina Commedia, Inf. I, 1-7 (ital. Text der Ausgabe v. A. Kopisch) |
Auf halben Wege unseres Erdenlebens Gewahrt’ ich mich in einem finstern Walde, Indem verfehlet war die grade Straße. Ach, welch ein Graun ist’s, wie er war, zu sagen, Der Wald, so fremd und störrig und entsetzlich, Daß im Gedanken er die Angst erneuet: So bitter ist er, daß Tod wenig bittrer. Deutsch von August Kopisch |
"Die Divina Commedia in Deutschland.
Aneignung und Auslegung“
Ein Abend mit
Friedhelm Kemp
Eine Veranstaltung im Rahmen der ‚Lectura Dantis‘ 2001/2002
unter Leitung von Pia-Elisabeth Leuschner
Lyrik-Bibliothek, Schellingstr. 3 / Rgb.
(U 3 / U 6 Universität)
Nach der Lesung laden wir ein zu einem Glas Wein.
Eintritt: € 5,50 / € 3,50
Mitglieder Lyrik Kabinett: freier Eintritt