Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Rudolf Borchardts (1877 – 1945) lyrisches Werk ist ein Kontinent, den viele Freunde der Poesie schätzen – und der sich doch bisher nur schwer präzis erkunden ließ. Die „Gesammelten Werke“ bei Klett-Cotta bieten seine zu Lebzeiten veröffentlichten und die nachgelassenen Gedichte in zwei Bänden einer Leseausgabe (erschienen 1957 und 1985), die den werk- und lebensgeschichtlichen Zusammenhang beinahe konsequent ignoriert. Und doch ist keiner dieser Stücke denkbar ohne den „Zeitmoment“, in dem es entsteht, und für den es einsteht: nicht im Sinne einer lyrischen Illustration von Lebensereignissen, sondern als Zeichen für den immensen Stauraum an Formen und Motiven, über den Borchardt in seinen Gedichten verfügt. Gleichzeitig mit der kritisch durchgesehenen und kommentierten Neuausgabe der „Gedichte“ von 1957, hrsg. von Gerhard Schuster und Lars Korten, erscheint nun auch in der Reihe „Lyrik Kabinett“ der zweisprachige Band: „Die Entdeckung Amerikas. Rudolf Borchardt und Edna St. Vincent Millay. Gedichte, Übertragungen, Essays“, mit Beiträgen von Gerhard Schuster, Barbara Schaff und Friedhelm Kemp. Beide Bände gehören insofern eng zusammen, als sich aus der erstmals chronologisch geordneten Masse der Gedichte nun eine Gruppe ergreifender später Liebeslyrik heraushebt, der in exakter biographischer Spiegelung eine der verblüffendsten Übersetzungsleistungen der deutschen Moderne entspricht: Borchardts „Millay-Erlebnis“ von 1933 und seine Liebesgedichte aus den Folgejahren bis 1944 sind aufs engste miteinander verbunden, zeigen einen neuen, von strengen Formen diesmal freien Ton, der dem lyrischen Gesamtwerk dieses als traditionsversessen geltenden Autors - fünf Jahrzehnte nach dem ersten Vers in Jugendstil-Manier - eine völlig neue und faszinierende Dimension verschafft.
No, I will go alone.
I will come back when it’s over.
Yes, of course I love you.
No, it will not be long.
Why may you not come with me? –
You are too much my lover.
You would put yourself
Between me and song.
(...)
The Concert / Das Konzert
Nein, ich geh heut allein.
Wenns aus ist, komm ich zurück.
Ja, ich liebe Dich, natürlich.
Nein, es dauert nicht lang.
Warum sollst Du nicht mitgehn?
Du hast es zu sehr mit Glück;
Ständest unwillkürlich
Zwischen mich und Klang.
(...)
Edna St. Vincent Millay
Aus dem Amerikanischen von Rudolf Borchardt
„Die Entdeckung Amerikas“
Rudolf Borchardt
Liebeslyrik aus der Neuedition der „Gedichte“
sowie aus der zweisprachigen Ausgabe von
Borchardt’s Übertragungen nach
Edna St. Vincent Millay
liest:
Michael Krüger
Einführung: Gerhard Schuster
Bayerische Staatsbibliothek, Ludwigstr. 16
Vortragssaal, 1.Stck.
(U 3 / U 6 Universität)
In Zusammenarbeit mit der Bayerischen Staatsbibliothek
Eintritt: €5,50 / €3,50
Mitglieder Lyrik Kabinett sowie Freunde und
Förderer der Bayerischen Staatsbibliothek: frei