Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Themen, Stoffe und Motive der Antike sind in Schillers Lyrik von herausgehobener Bedeutung. Dies ist um so bemerkenswerter, als Schiller in seinem dramatischen Werk – sieht man von seinen Euripides- und Racine-Übersetzungen und der frühen „lyrischen Operette“ Semele ab – keine antiken Themen bearbeitet hat. So blieb die Lyrik zeitlebens für ihn das einzige Medium zur künstlerischen Auseinandersetzung mit der Antike. Für Schiller, dessen Griechischkenntnisse gering waren, der Italien nicht kannte und der für die bildenden Künste nur wenig Sinn aufbrachte, wurde die Lyrik im weiten Spektrum vom Epigramm über die Elegie bis zur Ballade zu dem Medium, innerhalb dessen er sein eigenes künstlerisches Selbstverständnis anhand seines Verhältnisses zur An-tike zu bestimmen und zu erproben vermochte. In seinen Gedichten tauchte er die Welt der Antike in das vielfältig gebrochene Licht seiner dichterischen Einbildungskraft und seiner geschichtlichen Erfahrungen und trug damit dazu bei, daß sich das Winckelmannsche Idealbild Griechenlands, dem er noch in seinen theoretischen Schriften vielfach gehuldigt hatte, eintrübte und verdunkelte. Seine späten Gedichte nehmen die Idealisierung Griechenlands zur utopischen Vergangenheit der Menschheit zurück: „Alle Götter flieh’n davon, / Und des Donners Wolken hangen / Schwer herab auf Ilion.“
Ernst Osterkamp, Professor für neuere deutsche Literatur an der Humboldt-Universität, Berlin. 1999/2000 Getty scholar am Getty Research Institute, Los Angeles; 2003/04 Fel-low der Carl Friedrich von Siemens Stiftung, München. Forschungsschwerpunkte: Deutsche Literatur der Frühaufklärung, Klassik und der Klassischen Moderne; die Wechselbeziehungen zwischen den Künsten. Literaturkritiken für die FAZ.
Die Antike an den nordischen Wanderer.
Über Ströme hast du gesetzt und Meere durchschwommen,
Über der Alpen Gebirg trug dich der schwindlichte Steg,
Mich in der Nähe zu schaun und meine Schöne zu preisen,
Die der begeisterte Ruf rühmt durch die staunende Welt;
Und nun stehst du vor mir, du darfst mich Heil\'ge berühren,
Aber bist du mir jetzt näher, und bin ich es dir?
Friedrich Schiller (in der Fassung von 1805)
„Die Götter – die Menschen“
Schillers lyrische Antike
Vorgestellt von:
Ernst Osterkamp
Einführung: Dorothea Hölscher-Lohmeyer
Sprecher: Armin Berger
(Münchner Reden I)
Amalienstrasse 83 / Rückgebäude(U3 / U6 Haltestelle Universität)
Nach der Lesung laden wir ein zu einem Glas Wein.
Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferats/Literatur
Eintritt: €5,50 / €3,50
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei