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Dorothea Grünzweig-Leibundlebensarten

Dorothea Grünzweig, geb. 1952 im schwäbischen Korntal, studierte Germanistik und Anglistik in Tübingen und Wales. Nach einem Forschungsaufenthalt in Oxford und einer Tätigkeit an der schottischen Universität Dundee arbeitete sie in einem Internat in Süddeutschland. Seit 1989 lebt sie in Helsinki, wo sie an der deutschen Schule unterrichtet. Zudem übersetzt sie finnische Lyrik und schreibt Rezensionen. Finnland ist eine Art Wahlheimat für Dorothea Grünzweig, sie suchte "ein gesprächsarmes Umfeld" und fand es hoch im Norden. Der Bruch mit Deutschland - "der alte Vaterlandsschaden" - ist ein biographischer und geographischer, die Dichterin bleibt aber im Deutschen zuhause - in der Sprache sowie in der Rezeption. Ihre Gedichte brechen oft von einem geographischen Bezugspunkt auf, von einer extremen und faszinierenden Landschaftserfahrung vom "Winterland", in die sich eigene Geschichte eindrückt, Erinnern, "Verinnern", aber zunehmend auch die Geschichte Finnlands. - 1997 erhielt sie den Lyrikpreis der Stiftung Niedersachsen, 2000 das Heinrich-Heine-Stipendium im Literaturhaus Lüneburg. Gegenwärtig ist sie als Stipendiatin Gast der Villa Waldberta in Feldafing am Starnbergersee.


Lyrikveröffentlichungen:

Mittsommerschnitt (Göttingen 1997; vergriffen);Vom Eisgebreit (Göttingen 2000).

 

WORT ZUR EINSIEDELEI

I.

Ja ich würde noch einmal hierher gehen

hier in die Wildnis

kein anderer Mensch weit und

breit nur diese Hütte herbstlich

erkaltet dafür lodernde Blätter

des Fjällbirkenfeuers die allerdings

verlöschen bei Dunkelheit

 

Ihr wißt wie mir's schwerfällt

mit den Dingen zu leben die ich erträume

zum Beispiel ist Muße ein Geist

den ich anruf hört er mich zieht

er ein schmeiße ich ihn wieder

hinaus oder die Sonne ich wünsche

sie scheint leg mich ins Bett warte

strahlt sie lockt sie dann dreh ich

mich wandwärts denk

Morgen vielleicht

 

Schwer ist es Träume zu leben

was man auch bei den Goldgräbern sieht

sie finden ein Nugget es mag

faustgroß sein

Was tun sie Es kommt ins Versteck und

sie graben weiter oder es läuft

á la Hirschlausfliege ( ein anderes Muster )

wo das Tier sich im Duft täuscht

vor lauter Warten entzückt

sich fallen läßt doch anstatt

im Hirschfell im Haar des Menschen

landet der ihn zerdrückt...

 

Dorothea Grünzweig

Leibundlebensarten

Dorothea Grünzweig


liest aus ihren Gedichten

 

Montag­, den 30.10.2000
20:00 Uhr

Lyrik-Bibliothek, Schellingstr. 3 / Rgb.

(U 3 / U 6 Universität)

 

Ein gemeinsamer Abend von Villa Waldberta
und Lyrik Kabinett.


Im Anschluß an die Lesung laden wir ein
zu einem Glas Wein.

Eintritt: DM 10,- / DM 7,-
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei