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Dunckler Enthusiasmo

Pier Paolo Pasolini, geb. 1922 in Bologna, Lyriker, Autor von Romanen, Dramen, Drehbüchern und gesellschaftskritischer Essayistik – ein vielseitig Begabter und zeitlebens ein „intellettuale scandaloso“, ein radikal provozierender Intellektueller, der 1975 unter bis heute ungeklärten Umständen in Ostia ermordet wurde.
Das Dorf Casarsa im Friaul, der Wohnort von Pasolinis Großeltern mütterlicherseits, wurde ihm zur Quelle seiner frühesten lyrischen Inspiration:

1942 beginnt Pasolini, kaum 20 Jahre alt, Gedichte im friulanischen Dialekt seiner Mutter zu schreiben. Er rekonstruiert dazu die rein oralen Sprachen der Dörfer im Friaul und überhöht sie zu lyrischen Formen, die den symbolistischen Kunstsprachen eines Pascoli oder D’Annunzio anverwandelt werden. So entsteht ein paradoxes Bündnis zwischen einer schriftlichen aristokratischen Sprache aus der Tradition absoluter Dichtung und einer bäuerlichen, tief religiösen Sprache des Dialekts.
1974 greift Pasolini diese frühen Gedichte noch einmal auf. Wiederholt sie Stück für Stück und erhebt sie dabei zur Sprache des Eros der
bessern Jugent, zur Sprache auch seines politischen Kampfes gegen den Übergang einer archaischen agrarischen Ordnung in eine globalisiertes System der Massenkultur.“ (Christian Filips)

Der 2009 bei Urs Engeler erschienene Band mit Übertragungen dieser Gedichte durch Christian Filips erlaubt deutschen Lesern eine Entdeckung dieser Facette Pasolinis, die hierzulande bislang kaum rezipierbar war.

Christian Filips, geb. 1981 in Worms, studierte Philosophie und Germanistik in Wien. Er lebt als Lyriker, Essayist und Übersetzer in Berlin. Derzeit ist er Dramaturg für die dortige Sing-Akademie.

Urs Engeler, geb. 1962 in Zürich, studierte dort Komparatistik. Herausgeber der Zeitschrift Zwischen den Zeilen (seit 1992) und Gründer des Verlages Urs Engeler Editor (seit 1995).


III. (Fünfte Variante)

Ein Sohn, geboren fern
in der Welt der Bourgeois,
in seiner Hand das Banner
des Neuen, Schüler
des Skandals, Erbe
der Revolution,
ist gestorben aus Liebe
zu einer Welt aus Laub,
vom Regen aufgeweicht,
und nirgends fand er
Süßeres als die Rückkehr
der Väter zu den Söhnen.

übers. von Christian Filips, in: Dunckler Enthusiasmo (2009)

Dunckler Enthusiasmo

Pier Paolo Pasolini (1922-1975):
Die friulanischen Gedichte


Vorgestellt von
Christian Filips und Urs Engeler

Donnerstag­, den 03.12.2009
20:00 Uhr

Amalienstrasse 83 / Rückgebäude
(U3/U6 Haltestelle Universität)

Eintritt: €7,00 / €5,00
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei