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Eierkuchen aus Nichts mit dem Honig des Sichtbaren

Nach Übersetzungen russischer Lyrik, eigenen Gedichten und Essays über Poesie veröffentlichte Ralph Dutli das Buch Fatrasien. Absurde Poesie des Mittelalters (Wallstein 2010), das allenthalben Verblüffung hervorrief: Sind diese modern anmutenden, an dadaistische oder surrealistische Texte erinnernden Gedichte tatsächlich im 13. Jahrhundert entstanden? Nach über 700 Jahren hat Dutli sie erstmals ins Deutsche übertragen und damit eine Wurzel der modernen Poesie freigelegt. Wo sonst gibt es schwangere Männer, Würste aus Glas, kopflose Schönheiten und einen Eierkuchen aus Nichts? Auch in Dutlis neuestem Buch Das Lied vom Honig. Eine Kulturgeschichte der Biene (Wallstein 2012) geht es um die Ursprünge der Poesie. Viele Dichter, von Pindar und Horaz bis Mandelstam, García Lorca und Sylvia Plath haben sich mit der Honigbiene identifiziert. Rilke schrieb: „Wir sind die Bienen des Unsichtbaren. Wir sammeln selbstvergessen den Honig des Sichtbaren, um ihn anzuhäufen im großen, goldenen Bienenstock des Unsichtbaren“.

Ralph Dutli, geb. 1954, lebt als freier Autor in Heidelberg.

Fatrasie 23

Der Furz einer Käsemade
wollte in seinem Käppchen
Rom davontragen.
Ein Ei aus Baumwolle
nahm den Schrei
eines Ehrenmannes beim Kinn.
Der Gedanke eines Spitzbuben
hätte ihn schließlich fast verprügelt,
als ein Apfelkern
ganz laut ausrief:
„Woher kommst du? Wohin geht’s? Welcome!


Anonym, um 1290.
Aus: Fatrasien. Absurde Poesie des Mittelalters,
aus dem Altfranzösischen übersetzt
und herausgegeben von Ralph Dutli, S. 29.

Eierkuchen aus Nichts
mit dem Honig des Sichtbaren

Ralph Dutli:
FATRASIEN & BIENEN

Mittwoch­, den 17.10.2012
20:00 Uhr

Amalienstrasse 83 / Rückgebäude
(U3/U6 Haltestelle Universität)

Eintritt: €7,00 / €5,00
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei