Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Petr Borkovec, geb. 1970 in Mittelböhmen, lebt heute bei Prag und ist Redakteur der Literaturzeitschrift Literarni noviny und der Kulturrevue Souvislosti. Er übersetzte aus dem Russischen u. a. V. Nabokov und aus dem Griechischen – in Zusammenarbeit mit Altphilologen - Sophokles‘ König Ödipus. Seit 1990 erschienen von ihm 5 Bände mit eigenen Gedichten: u. a. Ochoz(Umgang, 1994), Mezi oknem, stolem a posteli (Zwischen Fenster, Tisch und Bett, 1996) und Polní práce (Feldarbeit, 1998). Für Ochoz erhielt er 1995 den renommierten Jirí-Orten-Lyrikpreis. - Die Buchwerkstatt Thanhäuser bei Linz veröffentlichte zwei tschechisch-deutsche Auswahlbände seiner Lyrik, übers. von Christa Rothmeier: Aus drei Büchern (1995) und Überfuhr (1996). Kürzlich erschien eine zweisprachige Ausgabe des Bandes Feldarbeit mit CD in der Edition Korrespondenzen, Wien.
Aus verborgenen wie starken Adern der tschechischen nährt sich die Poesie des jungen Petr Borkovec, findet Verwandtschaften in ost- und westeuropäischer, durchwegs unbotmäßiger, von widrigen Zeiten verschatteter Dichtung, Trakl ist nah – und doch zeichnet diese Gedichte nicht der modisch übernommene, maniriert frühvergreiste, sondern ein (wort-)innovativer eigener Ton aus, gut verwurzelte, ins Neue treibende Sprache. (L. Hartinger)
Christa Rothmeier, geb. 1948 in Niederösterreich, studierte Slawistik u. Romanistik in Wien und Prag. Seit 1976 lehrt sie tschechische Literatur an der Universität Wien. Sie publizierte Übersetzungen aus dem Tschechischen (Jakub Deml, Jan Skácel, Ivan Binars) und verfaßte bohemistische Forschungsbeiträge. Daneben gab sie u.a. die Anthologie „Mähren“ in der Reihe „Europa erlesen“ des Wieser Verlages heraus. Sie erhielt den Prix Bohemica 1999 und wird in diesem Jahr mit dem Österreichischen Staatspreis für literarische Übersetzung ausgezeichnet.
Leicht ist die Lyra, ohne Gewicht.
Über Nacht war der Oktober niedergesunken auf den Perron,
der Zug kam quietschend an, im Nu ist der Bahnhof entschwunden,
ein viertelstündiges Verscheiden in einem Streifen Bilder
hinter dem Fenster des Waggons. Zum Frösteln schön.
Grüne Wolken, eine Pappel in blauem Schatten,
die Felder der Peripherie – eine Sekunde lang Arles.
Und wenn die teefarbene niedrige Sonne
mit dem Stadtrand, den ersten Fenstern zusammenprallt
und ich für eine Minute Bethlehem draußen sehe,
ist die Lyra so leicht, dass ich sie suche
wie einen Fahrschein, wie mein Portemonnaie.
Aus: Feldarbeit . Gedichte, tschechisch-deutsch; übersetzt von Christa Rothmeier
(Edition Korrespondenzen, Wien 2001)
„Feldarbeit“
Petr Borkovec
liest seine Gedichte (tschech./deutsch).
Einführung und Moderation: Christa Rothmeier
Grußwort: Jan Šícha
Lyrik-Bibliothek, Schellingstr. 3 / Rgb.
(U 3 / U 6 Universität)
Mitveranstalter: Tschechisches Zentrum
Im Anschluß an die Lesung laden wir ein
zu einem Glas Wein.
Eintritt: DM 10,- / DM 7,-
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei