Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Hans Dieter Schäfer, 1939 in Berlin geboren, unterrichtet an der Regensburger Universität Literaturwissenschaft. Seit 1968 veröffentlichte er mehrere Lyrikbände, u. a. Dem Leben ganz nah (Hanser 1982); die Langzeilengedichte der beiden letzten Bände Spät am Leben (Keicher 2001) und Final Cut (Reche 2002) fanden eine z. T. begeisterte Aufnahme.
„Erinnern ist meine Überlebensstrategie“, lautet die lakonische Feststellung in einem der zwanzig neuen Gedichte von Hans Dieter Schäfer, die Ulrich Keicher in der eigenen Verlagswerkstatt in kleiner Auflage herausgebracht hat – eine Hand- und Augenfreude. Und ein lyrisches Leseglück von hohen Graden. Albert von Schirnding
Ihre neuen Gedichte haben viel Fahrtwind, könnte auch sagen, richtig Zug im Kamin und immer wieder prima Einzelstellen in dem ganzen Gesause. Meine, richtig zu Herzen gehende. Traurigweise oder scharf gegen den Zeitgeist gepfiffene. [...] Ich hatte Sie lyrisch ganz anders in Erinnerung, dies ist alles neu für mich, überraschender Rapidstift, und dann immer wieder diese markant einschneidenden Sentenzen. Peter Rühmkorf
Die Gedichte von Final Cut haben eine außergewöhnliche Frische, sie sind wütend, oft verzweifelt, doch immer auch von einer letzten Zärtlichkeit gegenüber dem Leben. [...] Sie wirken auf mich jünger und impulsiver als vieles, das heute als junge Lyrik apostrophiert wird. Norbert Niemann
Norbert Niemann, 1961 in Landau a. d. Isar geboren, lebt als freier Schriftsteller und Musiklehrer in Chieming und veröffentlichte u. a. die Romane Wie man’s nimmt (Hanser 1998) und Schule der Gewalt (Hanser 2002); er wurde u. a. mit dem Ingeborg-Bachmann- und dem Brentano-Preis ausgezeichnet.
Ehemalige Griechische Botschaft 1985
„Komm wir lassen uns erschießen“, war aus dem EDEN
zu hören, „zwei Schüsse mitten ins Gehirn“ – nach
Mitternacht verziehn sich
paar Jungs zur Dammkrone,
um was zu rauchen; bei meinem Heimweg das helle
Klicken vom Aufhaken des BH und unter den Stauden
eine Ringelnatter, die sich
auf dem Wasser treiben läßt –
vom Neuen See ermuntert Wind die Vorhänge in
der Ruine, das Schleifen von Ballkleidern durch dieses
Tropendunkel
fortzusetzen bis zum Brustfell-Torso
neben der Frau, die ihre Hand nach unten führt,
den Kopf am Lenkrad; das
RIAS-Tanzorchester leise
gestellt ahnt man, daß die Tage weniger werden
und möchte wissen, was vom Leben bleibt –
Lampen,
die über Treppenwangen mit Marmorgewinden wie
halb entleerte Därme tasten, verändern ihre Position; die
Nacht zaudert beim Atmen, weil
Kondome durchs Gras
umherleuchten, und der Achtjährige in mir auf einem
Brückenseil schaukelt neben dem Löwen aus Eisenguß.
Hans Dieter Schäfer
Aus: Final Cut. Mit Zeichnungen von Christoph Meckel.
Passau 2002
„Final Cut“
Hans Dieter Schäfer
liest aus seinen Gedichten.
Einführung: Norbert Niemann
Lyrik-Bibliothek, Schellingstr. 3 / Rgb.
(U 3 / U 6 Universität)
Nach der Lesung laden wir ein zu einem Glas Wein.
Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferats/Literatur
Eintritt: €5,50 / €3,50
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei