Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
»Majakowski ist ein Gigant, wir sind es nicht würdig, ihm die Knie zu küssen« soll Ossip Mandelstam einmal gesagt haben, und Anna Achmatowa fügte hinzu: »... dunkel, doppelzüngig, unaufrichtig ... Aber es hinderte ihn nicht daran, der größte Dichter des 20. Jahrhunderts in Rußland zu werden.« Majakowski gelang es, zur Personifikation der gesamten russischen Avantgarde zu werden, mit ihren Anfängen, ihrer Blüte und ihrem Scheitern. Seine Dichtung erhebt den Anspruch, in jeder Hinsicht neu und erneuernd zu sein, und so ist es kaum verwunderlich, daß er die geistige Revolution zu seinem zentralen Thema machte. Für diese allein kämpfte er auch im Zuge der politischen Revolution – ein Kampf, den er spätestens mit dem Beginn der Stalin-Ära verlieren mußte. Um so perfider wirkt die Tatsache, daß der Diktator den Dichter fünf Jahre nach dessen Selbstmord zu einer Ikone des »Sozrealis-mus« erklärte. Auch in Deutschland haben ihn die Übersetzer der 50er und 60er Jahre hauptsächlich unter diesem Aspekt präsentiert. In seinen neuen Übertragungen verlegt Alexander Nitzberg den Akzent auf die virtuose Sprachartistik Majakowskis und stellt ihn als einen genialischen Wortkünstler vor – in einer Reihe mit Arthur Rimbaud und Bob Dylan.
Wladimir Majakowski, geb. 1893 in Bagdady (Georgien), verfaßte seit 1912 Gedichte, Poeme, Dramen, Drehbücher, Essays und Reprotagen und spielte eine zentrale Rolle im russischen Literaturleben der zehner und zwanziger Jahre. Er schied 1930 in Moskau vermutlich freiwillig aus dem Leben.
Alexander Nitzberg, geb. 1969 in Moskau, lebt seit 1980 in Düsseldorf. Er schreibt Gedichte, Prosa, Theaterstücke, Essays und übersetzt zahlreiche russische Dichter. Für seine Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er ist Mitglied im P.E.N.
Anton G. Leitner, ist Verlagsleiter, Lyriker und Publizist in Weßling. Er gibt die Zeitschrift Das Gedicht heraus.
Wladimir Majakowski: Prolog zu Wölkchen in Hosen
Euer Traum
im Hirn ist verweichlicht bereits,
wie ein fetter Lakei auf dem speckigen Sofa, bis ich
ihn erst einmal mit dem blutigen Fetzen des Herzens gereizt
und mich sattgelacht, arrogant und bissig.
In meiner Seele fand sich von grauen Haaren kein Schimmer,
keine Greisenzärtlichkeit fand sich!
Da schreit‘ ich: Es donnert die kraftvolle Stimme.
Und ich bin schön
und bin zweiundzwanzig!
Aus dem Russischen von Alexander Nitzberg
„Flicken Sie mir die Seele“
Wladimir Majakowski
(1893 – 1930)
Tragödie Wladimir Majakowski
Wölkchen in Hosen
Alexander Nitzberg
stellt seine Übertragung
der beiden futuristischen Frühwerke vor.
Einführung: Anton G. Leitner
Lyrik-Bibliothek, Schellingstr. 3 / Rg.
(U 3 / U 6 Universität)
Nach der Lesung laden wir ein zu einem Glas Wein.
Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferats/Literatur
Eintritt: €5,50 / €3,50
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei