Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Ottó Tolnai wurde 1940 in Kanizsa im ungarischsprachigen Teil der Vojvodina (eine Region des heutigen Serbien) geboren, wo er auch heute in Pálics lebt. Er studierte Hungarologie und Philosophie an den Universitäten in Novi Sad und Zagreb. 1963 erschien sein erster Gedichtband Homoru versek (Hohle Gedichte). 1965 begann er, für die unabhängige Literaturzeitschrift Uj Symposion (Neues Symposium) zu schreiben, deren Chefredakteur er schließlich – bis zum Verbot der Zeitschrift 1972 – war. Tolnai arbeitet als Lyriker, Prosaschriftsteller, Dramatiker, Kunstkritiker, Essayist und Übersetzer. Dank der Komplexität und Modernität seines Werkes ist er einer der wichtigsten Autoren der zeitgenössischen ungarischen Literatur. Sein Oeuvre wurde in über dreißig Bänden sowohl in Ungarn als auch im ehemaligen Jugoslawien veröffentlicht, und er erhielt dafür zahlreiche Auszeichnungen Auf Deutsch erschienen von ihm die beiden Erzählbände Ich kritzelte das Akazienwäldchen in mein Heft (edition per procura 2002), Eine Postkarte aus Don Dukay (DAAD 2005) und der Gedichtband Göttlicher Gestank (Edition Korrespondenzen 2009).
Zsuzsanna Gahse, geboren als Zsuzsanna Vajda 1946 in Budapest, floh mit ihrer Familie nach dem Ungarnaufstand in den Westen. Sie besuchte das Gymnasium in Wien und Kassel. Ende der 60er Jahre wurden ihre ersten literarischen Arbeiten veröffentlicht. Zero, ihr erstes Buch, wurde mit dem Aspekte-Literaturpreis des ZDF ausgezeichnet. Seitdem liegen von ihr mehr als 20 Bücher vor. Zu den Übersetzungen aus dem Ungarischen wurde sie von Helmut Heißenbüttel ermun-tert. Seit 1989 Lehraufträge an den Universitäten Tübingen, Bamberg und Dresden. Zsuzsanna Gahse hat mehrere szeni-sche Stücke geschrieben und immer wieder auch Texte für die Bildende Kunst. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. 2006 mit dem A.-von-Chamisso-Preis. Sie lebt heute in Müllheim in der Schweiz.
FÜNFGLIEDRIGES ENGELSGESCHLECHTSTEIL
Ein Handschuh
vorsichtig berühre ich ihn mit meinem Stock drehe ihn um
Menschenhaut ist das nicht
und nicht das Leder edlen Wildes
obwohl vom Faltenwurf her ähnlich
ein Handschuh
nur einer und trotzdem find ich ihn nicht einsam
ein absolut verbrauchter feuchter Saffianhandschuh
oder ein zufällig herabgestürztes fünfgliedriges Engelsgeschlechtsteil
da der Wind jetzt ohnehin gerade in den Noten der Klassiker blättert.
Ottó Tolnai, aus: Göttlicher Gestank (2009), übersetzt von Zsuzsanna Gahse
Göttlicher Gestank –
und Donauwürfel
Ottó Tolnai
liest aus seinen Gedichten (ungarisch).
Zsuzsanna Gahse
liest Tolnais Gedichte in ihrer Übersetzung
und eigene Gedichte aus der Sammlung
Donauwürfel.
Amalienstrasse 83 / Rückgebäude
(U3/U6 Haltestelle Universität)
Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferats
Eintritt: €7,00 / €5,00
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei