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Hölderlin und die Mystik

Mit dem Roman Dein Name (Hanser 2011) hat der Schriftsteller, Regisseur und habilitierte Orientalist Navid Kermani (geb. 1967) u.a. eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit dem Werk Hölderlins vorgelegt. Kermani liest Hölderlin als Mystiker, in dessen Dichtung Innen- und Außenwelt konvergieren und die Sehnsucht nach der Geliebten ununterscheidbar wird von der Sehnsucht nach dem Absoluten: Nicht Goethe mit seinem gelehrten Diwan oder Rückert mit seinen kunstfertigen Ghaselen, nein, Hölderlin, der sich für den Orient nicht sonderlich interessierte, ist der Sufi der deutschen Literatur, der Sonderling, der Närrische und Verlachte, bis hin zum Aufschrei, zum Verglühen, zur Auflösung. Die anderen schreiben über Mystik, Hölderlin verkörpert sie: „Nimm mich, wie ich mich gebe, und denke, daß es besser ist zu sterben, weil man lebte, als zu leben, weil man nie gelebt!“ Das ist mystischer O-Ton, 10. Jahrhundert, und klingt zweihundert Jahre nach Hölderlin zugleich wie eine Fanfare des Rock ‚n’ Roll: It’s better to burn out than to fade away.

Ach! wo bist du, Liebende, nun? Sie haben mein Auge
Mir genommen, mein Herz hab’ ich verloren mit ihr.
Darum irr’ ich umher, und wohl, wie die Schatten, so muß ich
Leben und sinnlos dünkt lange das Übrige mir.
Danken möchte’ ich, aber wofür? verzehret das Lezte
Selbst die Erinnerung nicht? nimmt von der Lippe denn nicht
Bessere Rede mir der Schmerz, und lähmet ein Fluch nicht
Mir die Sehnen und wirft, wo ich beginne, mich weg?

Friedrich Hölderlin, „Elegie“

Hölderlin und die Mystik

Ein Vortrag von
Navid Kermani

Rezitation: Helmut Becker

Mittwoch­, den 07.03.2012
20:00 Uhr

Amalienstrasse 83 / Rückgebäude
(U3/U6 Haltestelle Universität)

Eintritt: €7,00 / €5,00
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei