Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Luigi Pirandello, geb. 1867 in Agrigento (Sizilien), gestorben 1936 in Rom, 1934 Träger des Literatur-Nobelpreises, ist der international wohl einflußreichste Autor der italienischen Moderne. U. a. durch die deutsche Philosophie geprägt, überdenkt Pirandello zeitlebens die brennenden Themen der Identitätsfindung, die Fragwürdigkeit der menschlichen Existenz und das unauflösbare Ineinander und Widerspiel von Schein und Sein. Pirandello ist davon überzeugt, daß es keine objektive Wahrheit gibt, sondern daß jeder Mensch sich – je nach Situation und Gegenüber – eine neue Maske schafft (erst das Spätwerk gibt diesen Themen eine in Europa allerdings wenig rezipierte mythische Wendung). Bekannt sind vor allem seine nach dem 1. Weltkrieg entstandenen Theaterstücke, seine Trilogie des ‚Theaters auf dem Theater‘, der auch Sechs Personen suchen einen Autor (1921) zugehört; eine schon geringere Rezeption wurde seinen Romanen zuteil - Mattia Pascal (1904) und Einer, keiner und Hunderttausend (1926) – oder seinen skurrilen und humorvollen Novellen, die vor dem Hintergrund seiner sizilianischen Heimat spielen und die realistische Tradition des süditalienischen Erzählens auf den Surrealismus öffnen. Die Gedichte Pirandellos schließlich sind in Europa nahezu unbekannt und nun in Band 16 der Gesammelten Werke Pirandellos dem deutschen Publikum zugänglich.
Michael Rössner ist Dr. jur. und phil. der Universität Wien, beeideter und gerichtlich zertifizierter Übersetzer für Französisch, Spanisch und Italienisch. Er lehrt Romanistik an den Universitäten München (auch in Wien, Buenos Aires und Tucúman). Als Vorsitzender des Deutschen Pirandello-Zentrums betreut er die Ausgabe der gesammelten Werke Pirandellos in deutscher Sprache (beim Propyläen Verlag) und wirkte an ihr auch maßgeblich als Übersetzer mit.
... Das Unglück wollt' es bloß, daß vom Himmel
(als ich durch Zufall in meinem Lauf
die Nase reckt' hinauf)
ich wiedrum sah das Gewölb. Ein Feuer und ein
Eisesschauer der Scham und des Entsetzens
packt' mich da im Angesicht
der gewaltigen Ideen in meiner Brust.
Im Himmel sah ich der Sterne heitre Lust
und fühlte mich verlacht;
ich merkte, daß das himmlische
Gewölb für unsre königlich
gekrönten Häupter nun wirklich nicht das ist,
was man ein Dach vernünftig nennen könnt.
Still, still, nur schnell, zieht um Himmelswillen
einen Vorhang vor, einen Vorhang ganz im stillen!
Euch weiterhin Respekt zu zollen
das will ich gerne wollen;
vielleicht könnt' sogar ich anerkennen
daß wir sehr groß sind, ganz im Ernst; nur
nur geht es ohne Vorhang nicht,
grad in der rechten Höhe
und nicht aus Gaze, ja?
Conditio sine qua
non. Sicut in theatro item in coelo.
Luigi Pirandello - Aus:
„Verlangen nach einem Vorhang“, 1912
Aus dem Italienischen von Michael Rössner in L.P. Gesammelte Werke, Bd.16
„Informationen über meinen unfreiwilligen
Aufenthalt auf der Erde“
Luigi Pirandello als Lyriker
Vorgestellt von Michael Rössner
Unter Mitwirkung von Pia-Elisabeth Leuschner
Lyrik-Bibliothek, Schellingstr. 3 / Rgb.
Mit freundlicher Unterstützung
des Kulturreferats/Literatur und
des Italienischen Kulturinstituts.
Nach der Lesung laden wir ein
zu einem Glas Wein.
Eintritt: DM 12,- / DM 8,-
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei