Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Giovanni Giudici, geb. 1924 in La Spezia, studierte französische Literatur und arbeitete lange Zeit als Journalist in Politik und Kultur. Er lebt zwischen La Spezia und Mailand, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Giudici zählt zu derjenigen Dichtergeneration, die geistig in die brennenden sozialen Probleme der Nachkriegszeit und literaturgeschichtlich in die Neuorientierung nach dem sog. ‚Hermetismus‘ hineinwuchs. In dieser Situation fand Giudici einen poetisch eigenständigen Weg, verschrieb sich weder der lautstarken, sozialistischen Kampfansage des Neorealismus noch dem Aufbruchspathos der Neoavanguardia. Sein erstes Buch La vita in versi erschien zeitgleich mit A. Zanzottos La beltà und M. Luzis Nel magma. Mit unauffälliger Behutsamkeit tasten seine Gedichte nach dem Menschlichen im Alltag und reflektieren es unter dem (für Italien keineswegs paradoxen) Vorzeichen eines marxistischen Katholizismus. Gerade aus dem unverhohlen Intimen und Persönlichen eines Realitätsbezugs, der immer wieder von einer nicht destruktiven, sondern gewinnend-urbanen Ironie gebrochen wird, erwächst Giudicis Lyrik ihre emotionale Dichte und Plausibilität. Wie der große italienische Dichter und Literaturkritiker Franco Fortini schrieb: Giudicis Lyrik zeige „un senso dell’oggetto, dei personaggi e della realtà quotidiana unico fra i poeti d’oggi“ (eine Fühlsamkeit für Dinge, Personen und die alltägliche Realität, die unter heutigen Dichtern einzigartig ist).
Lea Ritter-Santini, geb. in Bologna, promovierte ebendort, habilitierte in Rom und war von 1972 bis zu ihrer Emeritierung 1993 Professorin für Komparatistik an der Universität Münster. Seit 1979 ist sie Mitglied der deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Ihre Veröffentlichungen gelten u. a. der Ideengeschichte und den Beziehungen zwischen Literatur und Kunst sowie zwischen Deutschland und Italien.
Römisches Epigramm
Ihr ignoriert alles, wie Goethe in Weimar
aber Rom ist zu groß um Weimar zu sein
und ihr ( warum es sagen? ) ihr seid zu klein.
Sie hatten gut reden die dicke Renditendame in Weimar,
der Stallmeister, der Wächter, das Fräulein:
„Wir sind in der Mitte der Welt“ weil da einer war
mit ihnen, der ohne Welt leben konnte.
Wir aber in der Mitte eines Platzes wir sind allein.
Giovanni Giudici - Aus dem Italienischen von Lea Ritter-Santini
„La vita in versi“
Das gedichtete Leben
Giovanni Giudici
liest aus seinen Gedichten (ital./deutsch).
Einführung: Lea Ritter-Santini
Bayerische Staatsbibliothek, Sitzungssaal
Ludwigstr.16, 1.Stock, links
(U 3 / U 6 Universität)
In Zusammenarbeit mit dem
Italienischen Kulturinstitut
und der Bayerischen Staatsbibliothek
Nach der Lesung laden wir ein zu einem Glas Wein.
Eintritt: DM 10,- / DM 7,-
Mitglieder Lyrik Kabinett sowie
Freunde und Förderer
der Bayerischen Staatsbibliothek: freier Eintritt