Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Klaus Reichert, geb. 1938 in Fulda, lehrte 1975-2003 als Professor für Anglistik und Amerikanistik an der Universität Frankfurt. Seit 1993 ist er Direktor des interdisziplinären Zentrums zur Erforschung der Frühen Neuzeit an der Universität Frankfurt und seit 2002 Präsident der Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Er übersetzte Shakespeare, Lewis Carroll, James Joyce, John Cage, Charles Olson, Robert Creeley ins Deutsche und zeichnete als Herausgeber für Werkeditionen von J. Joyce, Virginia Woolf und H. C. Artmann verantwortlich. Er erhielt den Christoph-Martin-Wieland-Übersetzerpreis (1983) und den Hessischen Kulturpreis für Wissenschaft (1996).
Veröffentlichungen (in Auswahl): Kehllaute, Gedichte (1992); Der fremde Shakespeare (1998); Wär ich ein Seeheld, Gedichte (2001); Die unendliche Aufgabe, Essay (2003). Für die Salzburger Festspiele 1999 erstellte er die Übersetzung von Schlachten, einer monumentalen Bearbeitung der Shakespeareschen Königsdramen.
„Es gibt wenig Trostloseres als die kaum zu zählenden Übersetzungen Shakespeares“, so hatte Reichert 1990 geschrieben. Jetzt wagt er sich – als erster deutscher Übersetzer – an eine Übertragung von Shakespeares sämtlichen Sonetten in deutsche Prosa-Versionen, um dadurch feine und in den meisten gereimten Versionen verloren gehende Klang- und Sinnnuancen zu retten (nur Johann Christoph Eschenburg hatte 1787 einen solchen Versuch für einige Sonette unternommen).
„In dieser stark rhythmisierten, leuchtend frischen Prosafassung vernehmen wir eine Stimme aus einer früheren Zeit – und zugleich eine mitten aus unserer Welt.“ (Jung und Jung)
Elisabeth Edl und Wolfgang Matz erhielten 1992 den Celan-Preis u. 1994 den Petrarca-Übersetzer-Preis. Sie moderieren seit 1998 die Reihe Lyrik-Übersetzen.
Die Zeit des Jahres magst du in mir sehn, da gelbe Blät-
ter, oder keine, oder nur ein paar an solchen Zweigen
hängen, die vor Kälte zittern, kahle Kirchruinen, wo ein-
mal süße Vögel sangen.
In mir siehst du das Zwielicht nach dem Tag, das, wenn
die Sonne ging, im Westen schwindet und nach und nach
von schwarzer Nacht dahingenommen wird, des Todes
andres Selbst, das alles ganz versiegelt.
In mir siehst du das Glimmen solchen Feuers, das auf der
Asche seiner Jugend liegt wie auf dem Totenbett, worauf
es muß verlöschen, verzehrt von dem, wovon es sich
einst nährte.
Dies nimmst du wahr — und stärker wird da deine Liebe,
du liebst und liebst, was du — nicht lange hin — verlas-
sen mußt.
William Shakespeare, Sonett 73
Übersetzt von Klaus Reichert
Lyrik-Übersetzen V
William Shakespeare:
Die Sonette
Klaus Reichert
stellt seine neuen Übertragungen vor,
im Gespräch mit
Wolfgang Matz und Elisabeth Edl.
Amalienstrasse 83a
(U3/U6 Haltestelle Universität)
Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferats
Eintritt: €5,50 / €3,50
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei