fallbackImageStage

Magische Maschinen – weg vom fenster

Poetische Archäologien – im Ruhrgebiet oder im Osten Deutschlands: Mit Christoph Wenzel und Lars Reyer führt dieser Abend zwei Dichter derselben Generation zusammen, die mit ihrer je ganz eigenen Sprache den Blick für verschwindende und verschwundene Lebenswelten schärfen.

Wenzel (geb. 1979), studierte Germanistik und Anglistik und arbeitet als Autor und Herausgeber der Literaturzeitschrift SIC in Aachen. 2012 wurde er beim Lyrikpreis in Meran sowie mit dem Literaturförderpreis der GWK-Gesellschaft ausgezeichnet.
Gerrit Wurstmann schreibt über Wenzel, dass dieser „das Paradoxe im Eindeutigen“ finde und Bilder zeichne, die „klarer, heller erleuchtet nicht sein könnten“.

Reyer (geb. 1977), studierte zunächst Philosophie, Anglistik und Ethnologie in Münster, dann am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. 2013 legt er seinen zweiten Lyrikband vor.
„Kaum ein junger Autor aus dem Osten Deutschlands, der es mir in ähnlicher Weise möglich machte, mir ein Aufwachsen dort vorzustellen“, schreibt Norbert Hummelt zu Reyer und attestiert seinem Werk ein „untrügliches Gefühl für die physische Welt“.

Magische Maschinen

I

Geschweißt?: Die Stahlwolle hängt unten
ziemlich raus, wo am Maschinenbauch
die Naht (zwar wulstig) aufgeplatzt & mit
den Einzelteilen schon nicht mehr ver-
bunden ist. Der Schweißer liest vom Finger
schnell die Temperatur (Brandblasen), er
liest den Härtegrad der Außenhaut mit
routiniertem Tastgespür (Taktsinn & Sinn
für Elemente). Auf einer fernen Tafel steht
geschrieben: was wie wieviel wo welches
Kristallsystem warum. Er legt den Finger
an die Lippen nur, spuckt (jetzt zischt das
Schutzgas raus) & wirft die blaue Flamme an.
Er liest jetzt nicht, er schweißt

Lars Reyer,
aus: Magische Maschinen
(Schöffling 2013).

das schwarzbuch die farbfotos

I

ES WAR GEWESEN: die blätter welkten
rußschwarz ins frühjahr dazu sommers dürre
lichtausbeute: der himmel war nun einmal
ausverkauft und sonne gab es nachträglich
vom faß die
brandt-reden unterm dunst übers
blaue des nachts ist der himmel rot wie eine glut-
orange im garten wird das risiko mit feuchtem
finger in der luft geschätzt: im schlotschatten
hängt die wäsche heut im keller wo das grau-
gemüse wie verkohlt – herne und wanne und
nebenan ist wieder einer: weg vom fenster

Christoph Wenzel,
aus: weg vom fenster
(Edition Haus Nottbeck 2012).

Magische Maschinen – weg vom fenster
(Der doppelte Horizont III)

Lars Reyer
und
Christoph Wenzel

lesen aus ihren neuen Bänden

Moderation: Karin Fellner

Donnerstag­, den 21.03.2013
20:00 Uhr

Amalienstrasse 83 / Rückgebäude
(U3/U6 Haltestelle Universität)

Eintritt: €7,00 / €5,00
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei