Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Maurizio Cucchi wurde 1945 in Mailand geboren, wo er noch heute lebt. Er schloß sein Literaturstudium mit einer Arbeit zu Andrea Zanzotto und Nelo Risi ab. Danach unterrichtete er an der „Scuola media“ und versah zeitgleich eine Tätigkeit als Verlagsberater und Literaturkritiker bei Zeitschriften und Zeitungen( L’Unità, Il Giorno, Tuttolibri, Panorama etc.). Zwischen 1989 und 1991 leitete er die lyrische Monatszeitschrift Poesia; er übersetzte Stendhal, Flaubert, Lamartine, Villiers de l’Isle Adam, Mallarmé und Prévert. Sein lyrisches Schaffen umfaßt: Il disperso (1976); Le meraviglie dell’acqua (1980); Glenn (1982; Premio Viareggio); Donna del gioco (1987); Poesia della fonte (1993). Sein allgemeines Interesse an Lyrik bewies er als Herausgeber mehrerer renommierter Anthologien italienischer und französischer Lyrik.
Cucchi ist ein poeta doctus im hervorragendsten Sinne des Ausdrucks: geschult an den Formerrungenschaften und den Themen der literarischen Moderne (Symbolismus, Beckett), erlebt Cucchis ‚zersprengtes Ich‘ traumatisiert die Metropole Mailand – und spricht sich selbst, in einem obsessiven formschöpferischen Willen. Zwischen ennui, Angst und Exstasen macht sich das Ich zu einem Anwalt der Minderprivilegierten. Solches Mitfühlen ist auch die Brücke, über die Cucchi in die historische Figur Jeanne d’Arcs hineinfindet, und uns die Stationen ihres Seelendramas nahebringt. Wie ein Wünschelrutengänger sucht Cucchi je und je nach der Quelle jenes einen Satzes, der eine Situation in ihrer eigenen Wahrheit auszusagen vermag.
Forse la fonte è una frase
una domanda spaccata, una figura
che copre un’altra figura
e un’altra ancora.
Ma non all’infinito.
Infine venga al sole sgominando
tra due attimi altissimi.
I miei volti abolisca,
luce nella luce.
Maurizio Cucchi
Aus dem Italienischen von Barbara Kleiner
Vielleicht ist die Quelle ein Satz,
eine klaffende Frage, eine Figur,
die eine andere Figur verdeckt.
und dahinter noch eine andere.
Aber nicht für ewig.
* * *
Endlich sprudelt es an den Tag
zwischen zwei allerhöchsten Augenblicken.
Es vernichte meine Gesichter,
Licht im Licht.
Poesia della fonte -
Dichtung der Quelle
Maurizio Cucchi
liest aus seinen Gedichten
(italienisch / deutsch)
Einführung: Pia-Elisabeth Leuschner
Lyrik-Bibliothek, Schellingstr. 3 / Rg.
(U 3 / U 6 Universität)
9. Lesung der Reihe POESIA 2000
In Zusammenarbeit mit dem Italienischen Kulturinstitut
sowie mit freundlicher Unterstützung
des Kulturreferats/Literatur
Im Anschluß an die Lesung laden wir ein zu einem Glas Wein.
Eintritt: DM 10,- / DM 7,-
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei