Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Robert Schindel wurde 1944 in Bad Hall geboren und lebt als Lyriker, Autor und Regisseur in Wien.
Wien ist auch der Ort, der sich als ‚Zeitschaft‘ im poetischen Zentrum von Schindels Schreiben wiederfindet. Einstmals „Welthauptstadt des Antisemitismus“, so Schindel, erscheint Wien heute als eine „Hauptstadt des Vergessens“, in der sich Lebensgenuss und Kulturpraxis auf Basis eines kollektiven Verdrängens herausbilden. Von diesem Spannungszustand zwischen Weltgenuss und Weltvergessen zeugt etwa Schindels Gedicht „Vineta 1“, das mit den folgenden Versen beginnt: Ich bin ein Jud aus Wien, das ist die Stadt / Die heiße Herzen, meines auch, in ihrem Blinddarm hat / Die schönste Stadt der Welt direkt am Lethefluß / Ich leb in ihr, in der ich soviel lachen muß [...]
Unverkennbar wienerisch ist auch der musikalische, sehr sinnliche Tonfall von Schindels Lyrik, deren Virtuosität sich besonders im spielerischen Umgang mit den traditionellen lyrischen Formen erweist. In Liedern, Sonetten, Balladen, Elegien und Liebesgedichten bringt er Politisches wie Privates zu Gehör. Innerhalb der Koordinaten einer von seiner wienerischen und jüdischen Identität geprägten Sprache entwickelt Schindel also sein poetisches Ich; wobei die charakteristische Melange aus Melancholie und Humor, Abstraktheit und Sinnlichkeit den spezifisch ‚Schindelschen Sound‘ der Gedichte erzeugt. Schindel stellt seine lyrische Stimme zudem ganz bewusst in die Tradition von Heine und Celan; wissend was gestern war, nicht wissend, was morgen sein wird. Nervös bleibt er, der Meridian.
Auszeichnungen u.a.: Erich Fried-Preis (1993); Eduard Mörike-Preis (2000). Gedichtbände (Auswahl): Ohneland (1986); Ein Feuerchen im Hintennach (1992); Zwischen dir und mir wächst tief das Paradies.Liebesgedichte (2003); Nervös der Meridian (2003); Fremd bei mir selbst (2004).
Andrea Heuser, geb. 1972 in Köln, lebt als Autorin und Literaturwissenschaftlerin in München.
Und wie es grünt, es grünt
Regnet Natur dazwischen
Geh ich einher, die Blätter
Schön sind sie, fallen mir aufs Blatt
Da kleben sie, da machen sie
Das Seelchen unverwundbar
Da kann ich siegfriedvorder stapfen
Es grünt. Da bin ich mitten unter mir
In der Fern der Berg, er schmutzt
Auf mich herab, ich schmettere
Das Halleluja auf ihn rauf.
Nehme das Lindenblatt und lese es.
Robert Schindel. Aus: Nervös der Meridian (2003)
„Nervös der Meridian“
DIE VERANSTALTUNG MIT ROBERT SCHINDEL
MUSS LEIDER AUSFALLEN!