Neueste deutsche Lyrik V

Von Ingeborg Bachmann stammt die Formulierung, in der Gegenwart gebe es eine „Blicktrübung“ für Gedichte. Während die neuesten Romane, Erzählungen und Dramen von der literarischen Öffentlichkeit meist unmittelbar wahrgenommen werden, brauchen Gedichte in der Regel Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, bis sie sich im Bewußtsein der Leser einen Platz erobert haben, und auch das gelingt immer nur einer kleinen Zahl. Daran hat sich seit den 50er Jahren nichts geändert, auch wenn gelegentlich von einem „Lyrik-Boom“ die Rede war.

Diesem Mißverhältnis möchte die Veranstaltung begegnen – und die ersten Abende haben gezeigt, dass hieran seitens der Leser ein lebhaftes Interesse besteht: Die Teilnehmer haben die Möglichkeit, sich in einer Gesprächssituation unter wissenschaftlicher Leitung mit der deutschsprachigen Lyrik der Gegenwart zu beschäftigen und dabei ihren Blick für Gedichte zu schärfen. Gegenstand der Diskussion ist die aktuelle Lyrik in ihrer ganzen Breite und Vielschichtigkeit: Poesie, Poetik und Kritik.

Thema des 5. Abends: „Lyrik von JETZT“ - so nennen die Lyriker Björn Kuhligk (geb. 1975) und Jan Wagner (geb. 1971) die von ihnen herausgegebene Anthologie mit Gedichten von vierundsiebzig - zum Teil noch unbekannten - Autorinnen und Autoren ihrer Generation. Anhand ausgewählter Beispiele wird nach dem Profil dieser Generation zu fragen sein, die sich mit „Lyrik von JETZT“ selbstbewußt in der neuesten deutschen Literatur positioniert hat.

Frieder von Ammon, geb. 1973 in München, Studium der Neueren deutschen Literatur, Musikwissenschaft u. Komparatistik in München und Portland, Oregon. Arbeitet an seiner Dissertation und als wiss. Mitarbeiter für Germanistik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.