Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Giuseppe Gioachino Belli, Römer (1791-1863) aus gutbürgerlichem Elternhaus: Obwohl wie schon sein Vater päpstlicher Beamter, haßt er den Amts- und Machtmißbrauch eines korrupten Klerus und ist an den schreienden Mißständen seiner Zeit schier verzweifelt. Ein Kämpfer und Rebell war er aber nicht. Immer wünschte er sich Ordnung, die herrschende Unordnung mußte er schweigend - und heimlich schreibend - ertragen. Das hat ihn am Ende zerstört. Die Wahrheit, die man nicht sagen darf, drücke wie die Scheißerei, sagt er in einem seiner 2.279 Sonette, die zu seinen Lebzeiten niemals gedruckt wurden. In ihnen prangert er die Heuchelei der herrschenden Geistlichkeit an und setzt der Not der kleinen Leute ein Denkmal. Als er seine Hoffnungen auf Reformen scheitern sieht, gibt er seine römischen Sonette einem Freund, Bischof, zum Verbrennen, der aber glücklicherweise diesem Auftrag nicht nachkommt und das Werk für die Nachwelt bewahrt. Erst 100 Jahre nach Bellis Tod erscheint es komplett bei Mondadori.
Otto Ernst Rock, sog. Volljurist, zeitumständehalber aber nur zwei Jahre juristisch tätig; unterrichtete im Krieg als Flakartillerist in einem Lehrregiment in vier Sprachen über Funkmeßpraxis. Aus amerikanischer Gefangenschaft heraus Entertainer im US-Army-Show-Betrieb, Gründer einer Big Band und Artistischer Leiter des STARDUST CLUB in Heidelberg. Danach Pressechef englischer und amerikanischer Filmgesellschaften (MGM), später der Deutschen Filmindustrie. Gründer des STUDIO ROCK in Rom, das seit 1963 von der Bundesregierung mit landesweiten PR-Aufgaben betraut ist. Publikationen über Belli und Pasolini.
Der Astrolog
Geh auf die Straße, wo sie Löcher graben,
Guck nur mal zu, und du kannst sicher sein,
Die Leute bleiben stehn und glotzen rein,
Kein Mensch scheint mehr etwas zu tun zu haben.
Jetzt sag' mir bloß, warum sie da wohl stehen.
Sieht Erde unten vielleicht anders aus?
Ob sie erwarten, einer kriecht heraus?
Woll'n sie dem Teufel ins Büro reinsehen?
Ich kann das nicht verstehn, ich find's saudumm,
Ein Scheißdreck ist zu sehen, aber nein,
Sie stehn mit offenem Mund stieläugig rum.
Das Volk ist blöd und wird es ewig bleiben.
Ich geh' auf den Balkon und sehe, ganz allein,
Den Sternen oben zu und was sie treiben.
"Lo stroligo", geschrieben zu Rom am 11. April 1834
Aus dem Römischen von O. E. Rock
Die Wahrheiten des
Giuseppe Gioachino Belli
(1791-1863)
Otto Ernst Rock
spricht die Sonette im Geist der Komödie
(römisch/deutsch)
und führt ein in Leben und Werk.
Lyrik-Bibliothek, Schellingstr. 3 / Rgb.
(U 3 / U 6 Universität)
Ergänzungslesung zur Reihe POESIA 2000
Im Anschluß an die Lesung laden wir ein
zu einem Glas Wein.
Mit freundlicher Unterstützung
des Kulturreferats/Literatur
Eintritt: DM 10,- / DM 7,-
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei