Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Marceline Desbordes-Valmore (geb. 1786 in Douai; gest. 1859 in Paris), hoch verehrt von den Vätern der literarischen Moderne, galt etwa Paul Verlaine als das einzige weibliche Genie überhaupt. Im deutschen Sprachraum blieb sie dagegen nahezu unbekannt. Als Dichterin der Liebe von einer bezwingenden Unmittelbarkeit des Gefühlsausdrucks entwickelte sie ein feines Gespür für emotionale Ambivalenzen und gebrochene Gemütszustände und schuf sich dafür eine klangreich geschmeidige Verssprache mit oft irregulären Strophenformen, die auf Verlaine vorausweisen. Ihre Leidenschaft für den Menschen trieb sie auch zu politischen Gedichten von visionärer Kraft. Die Auswahl-Übersetzung von Hans Krieger versucht erstmals, die originale Klanggestalt der Gedichte zu lebendiger Wirkung zu bringen.
Hans Krieger (geb. 1933), Lyriker und Publizist, hat bisher acht Gedichtbände veröffentlicht, zuletzt Das Asphalt-Zebra (2006), Nachtflügel (2007) und Apfelfall (2010). 2005 erschienen seine Neuübertragungen von Gedichten Paul Verlaines.
Die Rosen des Saadi
Ich wollte heute früh dir rote Rosen bringen,
doch wollte ich zu viel in meinen Gürtel schlingen.
Von Rosen allzu prall gespannt die Gürtelschnalle,
Die Schnalle sprang mir auf, und meine Rosen flogen,
sie flogen mit dem Wind und sind zum Meer gezogen,
nicht eine blieb zurück, entflohen sind sie alle.
Sie färbten flammend rot zum Feuermeer die Wogen.
Doch blieb vom Rosenhauch mein Kleid so vollgesogen,
daß deinem Atem noch am Abend ich gefalle.
Marceline Debordes-Valmore,
aus: Tag des Feuers. Gedichte. Zweisprachige Ausgabe.
Aus dem Französischen von Hans Krieger (Karl Stutz Verlag 2012).
Tag des Feuers
Marceline Desbordes-Valmore
(1786-1859):
Gedichte
Vorgestellt von Hans Krieger
Amalienstrasse 83 / Rückgebäude
(U3/U6 Haltestelle Universität)
Eintritt: €7,00 / €5,00
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei