Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Hermann Lenz, geboren 1913 in Stuttgart, studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Archäologie in Heidelberg und München. 1940 zum Kriegsdienst eingezogen, kehrte er 1946 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft in das zerstörte Stuttgart zurück. Er lebte als freier Schriftsteller, seit 1975 und bis zu seinem Tode in München. Bekannt wurde er vor allem durch die beeindruckende Reihe seiner Romane um die autobiographisch gefärbte Figur des Schriftstellers Eugen Rapp, dessen Geschichte sich als Geschichte des 20. Jahrhunderts aus ganz alltäglicher Perspektive darstellt – ein „poetischer Geschichtsunterricht“, wie Peter Handke sagt.
Gedichte sind in Hermann Lenz‘ Werk „wie irrlichternde Interpunktionszeichen in einem wohlgegliederten Text. Es sind keine Fremdkörper, ganz im Gegenteil, denn gerade in den Gedichten kommt häufig etwas zur Sprache – unverstellt und manchmal rücksichtslos -, was sich die Prosa, die mit der sorgfältigen Erfassung ihrer Gegenstände beschäftigt ist, verkneifen muß: ein unmittelbarer Selbstkommentar“. (Michael Krüger).
Durchs Gedichteschreiben möchte ich dem näher kommen, was mich umgibt. Dem Gras zum Beispiel und den Bergen, die mich überleben werden. Ich erinnere mich, vertiefe mich in das, was ich gesehen und erfahren habe. So komme ich mir näher. (Hermann Lenz)
Gedichtbände: Gedichte (1936); Wie die Zeit vergeht (1977); Zeitlebens (1981); Rosen und Spatzen (1991); Vielleicht lebst du weiter im Stein (Frankfurt 2003).
Preise u.a.: Georg-Büchner-Preis (1978); Petrarca-Preis (1987); Jean-Paul-Preis (1991); Bayer.Maximiliansorden (1993); Münchner Literaturpreis (1995); Würth-Preis für Europäische Literatur (1997).
Im Lyrik Kabinett hat Hermann Lenz im Juni 1993 Gedichte und Prosa gelesen.
Versteinerung
Farne, im Kalk überliefert.
Nachricht und Gruß aus der Tiefe.
Violett schimmert der bräunliche Stein.
Die Blätter des Farns an den Fingerspitzen,
Spürst du dich selber.
Wer will sich hindurchwinden zu alledem,
Was uns drüben erwartet?
Die Gesetze der Schöpfung ergründen?
Ein großes Unglück, daß der Mensch intelligent ist,
Während der Farn nicht mehr will
Als hiersein für kurze Zeit.
Vielleicht lebst du weiter im Stein.
Hermann Lenz
„Vielleicht lebst du weiter im Stein“
Hermann Lenz
1913-1998
Die Gedichte
Vorgestellt von:
Michael Krüger
Lyrik-Bibliothek, Schellingstraße 3/Rgb.
(U 3 / U 6 Universität)
Nach der Lesung laden wir ein zu einem Glas Wein.
Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferats/Literatur
Eintritt: €5,50 / €3,50
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei