Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Langsamer träumen! denke ich und sehe /
mich nach Deckung um
Aber vielleicht ist auch Gott, wie die Vernunft, /
nur für wenige.
Yevgeniy Breyger
Diese ›Münchner Rede zur Poesie‹ geht aus von der fundamentalen Differenz zwischen ›Wahrheit‹ und ›Wahrhaftigkeit‹, führt vom Anfang aller Dinge über Mythos und Märchen in die Gegenwart und gelangt schließlich in die Zukunft, die für Yevgeniy Breyger mit einem großen Versprechen verbunden ist – dem Versprechen, mit jedem Wort »für die Sache, für Sie und für mich« zu kämpfen, denn: »Widerstand ist Leben«.
Selten ist ein Autor poetologisch so aufs Ganze gegangen wie hier: »Dort, wo ein Gedicht die Notwendigkeit erkennt, nicht bloß Spiegel der Gesellschaft zu sein, verzaubertes Kästchen, Trillerpfeife, Gummihandschuh zum Einmalnutzen und weg damit, sondern sich aufmacht, die Zusammensetzung der Welt zu verstehen, übertritt seine Substanz die Grenze von Gas zu Flüssigkeit, gerinnt und gerät in – reale – Bewegung.«
Yevgeniy Breyger, geboren 1989 in Charkiw, ist ein deutschsprachiger Lyriker. Von ihm sind bisher vier Gedichtbände erschienen, zuletzt ›Frieden ohne Krieg‹ bei kookbooks. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Leonce-und-Lena-Preis (2019), der Lyrikpreis München (2021) und der Christine Lavant Preis (2023).
Münchner Reden zur Poesie
Die Reihe widmet sich poetologischen Fragen und dokumentiert zugleich die Bedeutung, die der Dichtung in verschiedenen Bereichen der Gegenwartskultur zukommt. Die Reden werden ein- bis zweimal jährlich gehalten. Sie wurden begründet von Ursula Haeusgen und Frieder von Ammon und werden herausgegeben von Holger Pils und Frieder von Ammon.