Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Einem breiten Publikum wurde Ursula Krechel mit ihren drei großen Romanen zur Geschichte des 20. Jahrhunderts bekannt. Für Landgericht – die Geschichte eines Juristen, der nach Jahren des erzwungenen Exils zurückkehrt in ein zerstörtes und verheertes Land – erhielt sie 2012 den Deutschen Buchpreis. Doch seit den Anfängen ihres Schreibens fühlt sich Ursula Krechel auch der Poesie verpflichtet. Mehr noch: Die Lyrik ist zentraler Teil ihres literarischen Werkes. Und sie ist, so betont die Schriftstellerin gerne, nicht nur ein Vorhof zu den zeithistorischen Romanen. Das Gedicht vergleicht sie unter anderem mit kleinen Denksteinen und Denkstellen. Ursula Krechels neuer Gedichtband Beileibe und Zumute zeigt das einmal mehr, egal, ob die Stimme von einem Marienkäfer in einer Tasse Milch erzählt, im Oktober von Schneeglöckchen träumt oder die „Gier nach Gegenwart“ ergründet: „Gestern war gestern und zählt nicht / erzählt wird im Irrealis, das Präteritum starb …“ Und ganz nebenbei wird in der Poesie, mit den vielen Denksteinen, eine solche Gegenwart ohne Vergangenheit durchbrochen.
Ursula Krechel, 1947 in Trier geboren, lebt als Autorin von Romanen, Gedichten, Essays und Theaterstücken in Berlin. Für ihr Werk wurde sie vielfacht ausgezeichnet, unter anderem mit dem Joseph-Breitbach-Preis und Jean-Paul-Preis, seit 2020 ist sie Ehrenpräsidentin des PEN-Zentrums Deutschland.
Niels Beintker, geboren 1975, in Halle/Saale, ist Redakteur in der Redaktion Kultur aktuell des Bayerischen Rundfunks und dort unter anderem für die Sendungen Kulturjournal und Diwan verantwortlich.