Der Flügelflagel gaustert /
durchs Wiruwaruwolz, /
die rote Fingur plaustert, /
und grausig gutzt der Golz.
Eine Frage ohne Antwort irrt /
am Fenster vorbei.
Weihnachtsgedichte in deutscher Sprache, geschrieben nach 1945: Anhand von Texten dreier sehr unterschiedlicher Dichter soll gefragt werden, in welchen Ausdrucksformen das möglich war. Nach dem Zweiten Weltkrieg gingen – aus der Bukowina vertrieben – Rose Ausländer (1901-1988) nach New York und Immanuel Weißglas (1920-1979) nach Bukarest; beide jüdischen Dichter schrieben Weihnachtsgedichte, Rose Ausländer auf Englisch, Weißglas – obwohl er nie in Deutschland gelebt hatte – auf Deutsch. Um dieselbe Zeit verfasste Hans Bender (1919-2015), wenig später Mitbegründer der Zeitschrift Akzente, ein denkwürdiges Weihnachtsgedicht in sowjetischer Gefangenschaft. Die Weihnachtsgedichte der drei sind zusammengeführt in dem neuen Band Einsame Weihnachten des Rimbaud-Verlags. Er wird präsentiert von dem Verleger Bernhard Albers und von Heinrich Detering, der als Dichter u.a. im Rimbaud-Verlag veröffentlicht.
Einsame Weihnachten
[…]
Tannen duften herb und rein.
Bunte Dinger glänzen glatt.
Grenzenloses Einsamsein
in der großen fremden Stadt.
In den Stuben Licht an Licht,
auf den Straßen Strahl an Strahl.
Auf den Heiland warte nicht,
Einsamer am Marterpfahl!
[…]
Kinder sind wir, groß und klein.
Alle Stuben sind geschmückt.
Über unserm Einsamsein
hängt ein Bruder qualgeknickt.
Rose Ausländer, aus: Die Erde war ein atlasweißes Feld. Gedichte 1927-1956, Frankfurt am Main 1985. S. 295.