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Reisewarnung fürs Labyrinth
Neue Gedichte zu Venedig
Ein Abend mit Carl-Christian Elze
und Tom Schulz

Kann man heute noch Venedig-Gedichte schreiben? Ist nicht alles Poetische, was sich über die unwirklichste aller Städte sagen lässt, schon in tausend Varianten festgehalten und längst durch Klischees kontaminiert? Und lässt sich, was gegenwärtig über diese geschundene und hochgradig gefährdete Schönheit zu sagen wäre, überhaupt in lyrische Formen fassen? Noch vor den jüngsten Katastrophen, dem Extremhochwasser im November 2019 und der virusbedingten Abriegelung  im März dieses Jahres, haben sich zwei deutsche Lyriker jeweils für mehrere Monate in Venedig aufgehalten: Zeit genug, um hinter die Postkarten-Oberfläche der Serenissima vorzudringen, den Blick für neue Fragen zu schärfen und neue poetische Bilder zu finden. Bei Carl-Christian Elze, geboren 1974, entstand so der Gedichtband langsames ermatten im labyrinth (Verlagshaus Berlin 2019), bei Tom Schulz, Jahrgang 1970, waren es zwei Kapitel seines Bandes Reisewarnung für Länder Meere Eisberge (Hanser Berlin 2019). Lesung und Gespräch werden moderiert von Kristina Maidt-Zinke, die seit sechs Jahren zwischen München und Venedig lebt.

Foto unten: Tom Schulz (c) Daniel Hengst

[…]
diese stadt ist ein teilchenbeschleuniger
sie löst dich auf, um dich sehend zu machen
deine ewigen teilchen, und du kannst nicht mehr fliehen
zurück ins wartezimmer, wo die illustrierten liegen 

Carl-Christian Elze„du hast zu lange auf schwankenden pontons gestanden“, aus: langsames ermatten im labyrinth, Verlagshaus Berlin 2019, S. 31

************

[…]
Im Falle eines Erdbebens (sagt Mario), suche eine tragende Wand.
Ich hab den Estintore neben das Bad gestellt und, falls die Feuer-
Wehr nicht übers Wasser kommt, den Zettel an die Tür geklebt.
Adriatisches Licht.
Ins Helle stotternde, weiße Woge.

Tom Schulz, „Palazzo Barbarigo della terrazza“, aus: Reisewarnung für Länder Meere Eisberge, Hanser Berlin 2019, S. 85

Neue Gedichte zu Venedig

Ein Abend mit
Carl-Christian Elze
und Tom Schulz

Moderation:
Kristina Maidt-Zinke

Donnerstag, den 15.10.2020
20:00 Uhr

Lyrik Kabinett
Amalienstr. 83a
80799 München

Eintritt: € 8 / € 6
Mitglieder: freier Eintritt

Aus Gründen der aktuellen
Abstandsregelungen ist das
Platzkontingent auf 20 Personen
beschränkt
Einlass einzig nach Voranmeldung:
info (at) lyrik-kabinett.de
oder 089 - 34 62 99.

Wir bitten Sie, sich für nur
eine Lesung pro Monat
zu entscheiden.

Die Veranstaltung ist ab Samstag, den 16.10.2020, kostenfrei nachzuhören unter: www.dichterlesen.net.

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