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Zwiesprachen IX

Catharina Regina von Greiffenberg gilt als bedeutendste Dichterin des deutschsprachigen Barocks. Ihre Sprachgewalt ist außerordentlich, ihre Metaphern sind neu, ihre Bilder kühn. Sie findet für die Themen der protestantischen Mystik einen gesteigerten, gleichzeitig lichten Ton, aller Regelpoetik zum Trotz. Es ist eine zärtliche, eine bewegliche Sprache, eine Sprache der Verzückung.“ So erklärt Marion Poschmann die Wahl ihrer historischen Zwiesprachen-Partnerin. Poschmann selbst, geb. 1969, schreibt Gedichte, Romane und Essays. Zuletzt erschienen Mondbetrachtung in mondloser Nacht. Über Dichtung (Suhrkamp 2016) und Geliehene Landschaften. Lehrgedichte und Elegien (Suhrkamp 2016).

© Frank Mädler

Uber das unaussprechliche Heilige Geistes-Eingeben!

DV ungeseh'ner Blitz / du dunkel-helles Liecht /
du Herzerfüllte Krafft / doch unbegreifflichs Wesen
Es ist was Göttliches in meinem Geist gewesen /
daß mich bewegt und regt: Ich spür ein seltnes Liecht.
Die Seel ist von sich selbst nicht also löblich liecht.
Es ist ein Wunder-Wind / ein Geist / ein webend Wesen /
die ewig' Athem-Krafft / das Erz-seyn selbst gewesen /
das ihm in mir entzünd diß Himmel-flammend Liecht.
Du Farben-Spiegel-Blick / du wunderbundtes Glänzen!
du schimmerst hin und her / bist unbegreiflich klar
die Geistes Taubenflüg' in Warheits-Sonne glänzen.
Der Gott-bewegte Teich / ist auch getrübet klar!
es will erst gegen ihr die Geistes-Sonn beglänzen
den Mond / dann dreht er sich / wird Erden-ab auch klar.

Catharina Regina von Greiffenberg, aus: Geistliche Sonette, Lieder und Gedichte. Mit einem Nachwort zum Neudruck von Heinz-Otto Burger (Darmstadt 1967), Reprint der Originalausgabe von 1662.

Zwiesprachen XI

Marion Poschmann
über
Catharina von Greiffenberg

Mittwoch, den 26.10.2016
20:00 Uhr

Amalienstrasse 83 / Rückgebäude
(U3/U6 Haltestelle Universität)

Eintritt: €7,00 / €5,00
Mitglieder Lyrik Kabinett: frei
Abendkasse, freie Platzwahl