reihen_09

für die Tapferkeit vor dem Freund, /
für den Verrat unwürdiger Geheimnisse /
und die Nichtachtung /
jeglichen Befehls.

(Ingeborg Bachmann)

Das Lyrische Quartett vom 30.09.2015

Mit Gast Hans Pleschinski

Das dritte Lyrische Quartett in diesem Jahr war das letzte in altbekannter Besetzung. Heinrich Detering und Harald Hartung saßen zum letzten Mal auf dem Podium und wurden herzlich verabschiedet. Neben Kristina Maidt-Zinke, die dem Quartett erhalten bleiben wird, nahm dieses Mal Hans Pleschinski Platz. Er präsentierte zu Beginn des Abends Paula Ludwig und ihren Band Dem dunklen Gott (C. H. Beck). Der Romancier lobte die „Rückhaltlosigkeit“ dieser Liebesgedichte, eine Ungeschütztheit, die „sehr berückend ist“. Man habe es mit einem Pathos zu tun, das echt scheine, „was erstaunlich ist im 20. Jahrhundert“. Heinrich Detering erklärte das damit, dass die bis in die Minnelyrik reichende Tradition, in der ein männliches Subjekt eine unerreichbare Frau verehre, hier „um 180 Grad ins Gegenteil verkehrt“ sei. Kristina Maidt-Zinke war das zu wenig, nicht haltbar. Sie könne sich nicht mit den Gedichten identifizieren, finde sie „überinstrumentiert“ und „unglücklich im Ton“.

In der Folge stellte Harald Hartung Armin Sensers neuen Gedichtband Liebeslebenvor, erschienen bei Hanser. Senser, der auf der literarischen Bühne kaum in Erscheinung trete, sei ein „Liebhaber großer Dichter, denen er es gleichtun möchte“. Er beschäftige sich mal gelungener, mal weniger mit großen und „ungeheuren Themen, die man gar nicht bewältigen kann“, wie Hans Pleschinski sagte: „Das nötigt Respekt ab, ohne auf die Knie zu gehen.“ Einig war sich die Runde, dass man es hier mit einer „Salopperie“ zu tun habe, bei der, wie Detering sagte, „normale Ordnungskriterien nicht funktionieren“.

In der Besprechung von Volker Sielaffs im Frühjahr bei luxbooks erschienenen Band Glossar des Prinzen gingen die Meinungen auseinander. Die „Leichtigkeit und Vielfalt“ (Maidt-Zinke), die „Lässigkeit und Frechheit“ (Detering) wurden gelobt, das Buch sei „sehr bemerkenswert“ (Pleschinksi). Harald Hartung bezog vehement Gegenposition. In der abschließenden Diskussion zu Ror Wolfs neuem Band Die plötzlich hereinkriechende Kälte im Dezember (Schöffling & Co.) bekannte sich Heinrich Detering als „Liebhaber und Bewunderer“ des Dichters. Hans Pleschinski beschrieb seine Lektüre als einen „Gang durch einen Rasierklingenwald“, der wach mache. Das alles können Sie, wie gewohnt, hier noch einmal in Gänze nachhören:

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Das Lyrische Quartett wird nach einer kleinen Pause ab Mitte nächsten Jahres in neuer Besetzung fortgesetzt.